Universal Design
Design für Alle

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Sind Menschen behindert oder werden sie von ihrer Umgebung be_hindert? Unsere Umgebung ist oft nach Vorstellungen von nicht-behinderten Menschen gestaltet. Universal Design hat das Ziel, die von Menschen für Menschen gestaltete Umwelt für möglichst Viele zugänglich und nutzbar zu machen.

Das Konzept
Universal Design

Universal Design hat das Ziel, möglichst alle Menschen mit ihren unterschiedlichen körperlichen und geistigen Voraussetzungen in der Gestaltung berücksichtigen. Ausgangspunkt ist also eine Nutzer:innengruppe, bei der die Unterschiedlichkeit (Heterogenität) die Grundannahme ist. Auf diesem Gedanken beruhen alle Überlegungen der Gestaltung.

 

Je nach Kontext werden unterschiedliche Bezeichnungen verwendet: Universelles Design (Universal Design), Inklusives Design (Inclusive Design) oder Design für Alle (Design for all). Der Begriff „Universal Design“ wird vor allem in den USA verwendet. „Inclusive Design“ ist der gängigste Begriff in Großbritannien. Die Bezeichnung „Design für Alle“ wird im deutschsprachigen Raum verwendet. Zwischen den drei Konzepten gibt es leichte Unterschiede, auf die wir hier nicht näher eingehen. 

 

„Design für Alle“ wird auch als „Design mit Blick auf die menschliche Vielfalt, soziale Inklusion und Gleichstellung“ beschrieben (EIDD, 2004). Dem Konzept „Universal Design“ liegt ein am Menschen orientierter (sozialer) Gestaltungsansatz zugrunde.

„Universal Design meint [dabei] weder Standardisierung noch kulturelle Uniformität. (…) Ungeachtet ihrer individuellen Fähigkeiten, ihres Alters und Geschlechts oder ihres kulturellen Hintergrunds soll allen Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht werden. Stigmatisierung durch eine Gestaltung, die Menschen von der Inanspruchnahme und Nutzung bestimmter Dienstleistungen, Räume und Produkte ausschließt, soll von vornherein vermieden
werden.“ (Autorengruppe des Vereins internationales Design Zentrum Berlin e.V., in: Joseph Rützel, 2013, S.15f.)

 

Universal Design hat das Ziel Systeme, Geräte und Bedienoberflächen zu schaffen, die ohne jegliche zusätzliche Intervention zugänglich und bedienbar für alle sind. Produkte, Kommunikationsmittel und öffentliche Räume sollen mit dem geringsten Kostenaufwand – ohne dass eine Anpassung oder ein spezielles Design notwendig ist – für so viele Personen wie möglich nutzbar gemacht werden. Diese Annahme ist ähnlich wie der Inklusionsgedanke, welcher ebenso die Grenzen zwischen Menschen mit und ohne Behinderung aufhebt und Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen sieht.

 

Quelle: Prof. Dr. Joseph Rützel, bwp@ Spezial 6 – Hochschultage Berufliche Bildung, 2013

Quelle: Dr.phil. Tobias Bernasconi, Universität zu Köln, 2013

Quelle: Centre for Universal Design

Warum brauchen wir
Design für Alle?

Dieses Video ist auf Gebärdensprache, die gesprochene Übersetzung ist auf Englisch. Du kannst dir das Video automatisch (z.B. auf Deutsch) übersetzen lassen, die Sprache wird dir dann als Untertitel eingeblendet.

Michael Nesmith ist taub und Native American-Gebärdensprecher, er arbeitet als Designer für Amazon. Sein visueller und konzeptueller Weg, um Probleme zu lösen, hat ihn in seiner Karriere sowohl vorangebracht, aber auch vor Herausforderungen gestellt.

Michael Nesmith beginnt seinen Vortrag damit, eine Alltagsbegegnung von einem Freund zu beschreiben. Sein Freund ist taub. Im Supermarkt schneidet sich sein Weg mit einer Person und die beiden wissen nicht so recht, wer auf welcher Seite vorbeigeht. Die Person ist blind. Die blinde Person beginnt zu reden, doch der Taube Freund konnte dies nicht hören. Also begann der Taube Freund mit Gesten zu artikulieren, dass er nicht hören könne. Dies konnte die blinde Person wiederum nicht sehen. Also nahm die taube Person die Hand der blinden Person, berührte sein Ohr und schüttelte seinen Kopf „Nein“. Der blinde Mensch verstand dies. Sie gingen aneinander vorbei.

 

Michael Nesmith eröffnet den Zugang zum Universal Design mit der Frage: Was wäre, wenn die blinde Person z.B. nicht (ganz) blind sei? Diese Handlung, die Hand ans Ohr zu führen und den Kopf zu schütteln, wäre zwar etwas komisch und ungewöhnlich, aber dennoch würde die Person es genau so verstehen. Diese Kommunikation ist also universell verständlich. Michael Nesmith sagt, dass er als Taube Person mit jeder Begegnung im Alltag, seine Kommunikation anpassen muss, sei es bei der Arbeit oder in einer Bar. Er erklärt Universal Design anhand von einem Zitat von Ronald Mace, Architekt und Gründer des Centers für Universal Design. In dem Zitat heißt es, dass das Design von Produkten und Umgebungen für alle Menschen nutzbar sein solle, es solle für eine größtmögliche Nutzer:innengruppe ohne spezialisierte Anpassungen nutzbar sein. Am Beispiel der Türklinke zeigt Nesmith, dass die Nutzung von Türklinken viele Leute ausschließt: Piraten mit Hakenhand (Witz), Kinder, Personen (im Video: Frauen) mit Kinderwägen, Rollstuhlfahrer:innen. Die automatische Schiebetür hingegen ist deutlich universeller nutzbar.

 

Nesmith betont: Alle können von Universal Design profitieren. Behinderungen und Beeinträchtigungen bringen Innovation voran. Er plädiert dafür, darüber in einen Austausch zu kommen und Lösungen zu finden, damit wir als Menschen zusammenkommen. Er sagt: „Lasst uns diese komischen Begegnungen im Supermarkt nicht mehr so komisch sein lassen.“

7 Prinzipien
des Universal Designs

Die 7 Prinzipien des Universal Designs wurden 1997 von einer Arbeitsgruppe aus Architekt:innen, Produktdesigner:innen, Ingeneur:innen und Forscher:innen für Umweltgestaltung entwickelt. Diese wurde von Ronald Mace an der North Carolina State University geleitet. Die 7 Prinzipien sollen den Gestaltungsprozess im Design von Umwelt, Produkten und Kommunikation begleiten. Diese Prinzipien dienen dazu vorhandenes Design zu evaluieren und über die Möglichkeiten einer breiten Nutzung von Produkten sowohl bei Designer:innen als auch bei Nutzer:innen zu sensibilisieren. Sie dienen vor allem zur Orientierung und Hilfe in der Designpraxis.

Produkte sollen für alle Menschen mit unterschiedlichsten Fähigkeiten nutzbar sein. Dabei sollen identische Produkte für alle Nutzer:innen zur Verfügung gestellt werden oder die Produkte sollten zumindest gleichwertig sein. 

Hier stehen die Wahlmöglichkeiten und die Benutzungsmethoden im Vordergrund. Der Entwurf soll sowohl individuelle Vorlieben als auch verschiedene Anpassungsmöglichkeiten unterstützen und dadurch die Zugänglichkeit erhöhen.

Produkte sollen leicht verständlich und bedienbar sein. Die Nutzung soll unabhängig von der Erfahrung, dem Wissen und den Sprachfähigkeiten sein. Unnötige Komplexität von Produkten soll vermieden werden. In Bezug auf die Darstellung von Informationen in Textform wird häufig auf das Konzept Leichte Sprache verwiesen.

Das Design von alltäglichen Produkten muss die notwendigen Informationen und Techniken unabhängig von der Umgebungssituation oder den sensorischen Fähigkeiten der Benutzer:innen zur Verfügung stellen. Dabei sollen wesentliche Informationen in verschiedenen sensorischen Modi  präsentiert werden (tastbar, bildlich, verbal). Zudem soll Kompatibilität zu Techniken und Geräten gewährleistet sein, die von Menschen mit sensorischen Einschränkungen genutzt werden. 

Produkte sollen im Vorhinein auf mögliche Fehlerquellen überprüft und diese minimiert werden. Die meistbenutzten Funktionen eines Objektes sollten zugänglich angebracht sein und risikobehaftete Elemente eher in den Hintergrund gerückt werden. 

Die Produkte sollen mit dem kleinstmöglichen körperlichen Aufwand genutzt werden können, um so Ermüdung und körperlicher Belastung entgegenzuwirken.

Nutzer:innen unterschiedlicher Größe und mit unterschiedlicher Beweglichkeit sollten die Produkte ihres Alltags erreichen und bedienen können. Dabei spielt die Sicht auf Bedienelemente und die Möglichkeit diese mit verschiedenen Handgrößen und Greifmöglichkeiten zu bedienen eine wichtige Rolle. Zudem müssen benutzte Hilfsmittel, wie z.B. ein Rollstuhl, beim Entwurf und der Installation von Produkten bedacht werden. 

Rechtliche Grundlagen

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In Deutschland regelt seit 2002 das Bundesgleichstellungsgesetz (BGG)  die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in unterschiedlichen Lebensbereichen. Der Begriff „Barrierefreiheit“  wird an zentraler Stelle im BGG definiert und mit der Nutzung in der „allgemein üblichen Weise“ erklärt. Die allgemein übliche Nutzung soll dabei ohne zusätzliche Hilfe und ohne fremde Hilfe möglich sein. Auch hier geht es also im Sinne eines Universal Designs, um eine allgemeine Gestaltung des Lebensumfelds für alle Menschen, die möglichst niemanden ausschließt und von allen gleichermaßen nutzbar ist.

 

Weltweiter Standard für barrierefreies Webdesign sind die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG). Die WCAG- Richtlinien sind Empfehlungen, die in einzelnen Ländern auch durch Gesetzte verabschiedet worden sind. In Deutschland setzt die  Barrierefrei-Informationstechnik-Verordnung (BITV) diese um. Laut BITV sind Behörden der Bundesverwaltung verpflichtet, ihre Internetauftritte barrierefrei zu gestalten. Seit 2016 sind auch Regelungen für ein barrierefreies Intranet hinzugekommen.

 

Hinweise zur lesbaren Gestaltung finden sich in der 2013 aktualisierten DIN 1450 zu Leserlichkeit und Schrift. 

 

 

Und was kann ich tun?
Schaue in die Kurztipps

Mehr

Mehr zum Thema Leichte Sprache findest du hier.

 

Ausführlichere Informationen zur Diskriminierungsform Ableismus gibt es hier.

Adobe Acrobat Pro hat die Funktion PDFs barrierefreier zu gestalten.


Hier findest du einen

Schriftgrößenrechner und einen 

Kontrastchecker für deine Anwendungen.


Weitere Informationen zum Thema Barrierefreiheit gibt es hier.


Tipps zur Gestaltung von inklusiven Kommunikationsdesigns bekommst du hier.


Der Podcast „Die neue Norm bietet dir außerdem Einblicke zu Themen wie: Leben mit Assistenz, Inklusion im Sport oder Wohnen und Behinderungen.

Kurztipps

Wie kann ich eine
breite Nutzer:innengruppe
in meiner Medienarbeit ansprechen?

Damit die aufgerufene Website von einem Screenreader vorgelesen werden kann, muss der HTML-Code logisch aufgebaut sein. Du solltest Überschriften, Listen und Absätzen mit den entsprechenden Tags versehen. Bilder und Grafiken sollten Alternativtexte (Bildbeschreibungen) enthalten.

Die Schriftart sollte gut leserlich sein. Humanistisch serifenlose Schriften werden für Lesende mit Sehbehinderung empfohlen. Es eignen sich z.B. Calibri, Lucida Sans, Verdana, Noto Sans Regular, Open Sans Regular, Frutiger 55 Roman, Neue Frutiger 1450, TheSans Regular. 

Schrift und Abstände sollten ausreichend groß und die Schriftfarbe ausreichend kontrastreich sein. Da es bei der Schriftgröße Parameter wie die Textart, den Betrachtungsabstand und die individuelle Sehschärfe zu beachten gibt (Visus), ist es schwierig einen Wert zu nennen. Hier findest du einen Schriftgrößenrechner für deine konkrete Anwendung. Texte lassen sich am Besten in gemischter Groß-und Kleinschreibung lesen, VERSALSCHREIBUNG ist zu vermeiden. Hervorhebungen sparsam einsetzten, durch (halb-)fette und kursive Schriften. Zeilenabstand sollte mindestens 120% der Schriftgröße sein. Zeilenlänge sollte zwischen 35 und 80 Zeichen liegen, je nach Textart (inkl. Leerzeichen). Linksbündiger Flattersatz ist zu empfehlen. Wörter sollten sinnvoll getrennt werden. Deutliche Abstände zum Rand und zwischen Text und Bild einhalten (min. 6mm).

Die Inhalte einer Webseite sollte mithilfe einer Zoomfunktion in der Größe veränderbar sein.

Zwischen Text und Hintergrund sollte es einen deutlichen Kontrast geben. Hier findest du einen Kontrastrechner. Bei schwarzer Schrift auf weißem Hintergrund (oder umgekehrt) ist der Kontrast optimal. Text sollte nicht über Bilder oder Farbverläufe gesetzt werden. Grundsätzlich gilt: Farben sollten sparsam eingesetzt werden und sich klar voneinander abgrenzen. Zusätzlich zur Farbe sollte immer ein weiteres Unterscheidungsmerkmal verwendet werden. Rot-Grün-Kombinationen und Komplementär-Kontraste sind zu vermeiden.

Es sollte auf eine direkte Sprache geachtet und auf Fremdworte verzichtet werden. Alternativ kann die Funktion angeboten werden, die Webseite in Leichter Sprache darzustellen oder ein Glossar erstellt werden. Kurze Sätze sind einfacher zu lesen als lange Sätze. 

Die Bilder/ Icons/ Grafiken sollten ruhige Hintergründe, gut erkennbare Motive und deutliche Kontraste haben. Bei Icons sollten die Fläche und nicht die Umrisse hervorgehoben werden.  

Alles Gesagte, aber auch alle wichtigen Handlungen/Töne in einem Video sollten Inhalt der Untertitelung von Videos sein. Zusätzlich kann ein Transkript zur Verfügung gestellt werden, sodass sich Personen Zeit für die Erfassung der Inhalte nehmen können.

Der gesprochene Inhalt kann durch eine verbale Beschreibung relevanter sichtbarer Inhalte eines Videos ergänzt werden.

Glänzende Oberflächen sind zu vermeiden. Papiere mit ausreichender Lichtundurchlässigkeit (Opazität) sollten verwendet werden. Nicht hoch-weißes, aber gebrochen weißes Papier mit wenig Grauanteil eignet sich gut.