Von Magma zu Beton

Die anthropogen beschleunigte Reise des Diabases 

Nina Scheld

Tief im Inneren unserer Erde, im 2900 km dicken Erdmantel, steigt bis zu 1200 Grad Celsius heiße Gesteinsschmelze auf. Dieses so genannte basaltische, basische Magma ist aufgrund seines flüssigen Zustands leichter als seine Umgebung und erfährt daher einen Auftrieb. So frisst es sich durch die Erdkruste bis an die Erdoberfläche. Auf dem Weg schmilzt das flüssige Magma weitere Nebengesteine fremder Zusammensetzungen auf und nimmt somit zusätzliche Mineralien auf. An der Oberfläche erstarrt die heterogene Schmelze schließlich als Ergussgestein, als eine von zwei Untergruppen der Vulkanite, und es entsteht ein Fels aus dem Gestein Diabas [1]. Heutzutage, rund 250 Millionen Jahre später, wirkt die Oberfläche der Erde, Berge oder Gebirgszüge, wie ein gleichmäßiges, graues, festes Material, welches wie selbstverständlich zu existieren scheint. Hinter den Gesteinen stecken jedoch unterschiedlichste geologische Entstehungsgeschichten und chemische Zusammensetzungen aus Mineralien mit verschiedensten Eigenschaften und Erscheinungsbildern. Aus geologischer Sicht lassen sich Gesteine in drei Hauptgruppen untergliedern: Magmagesteine, Sedimentgesteine und metamorphe Gesteine. Magmagesteine entstehen durch die Erstarrung von Magma, geschmolzenem Gestein. Geschieht das Erstarren an der Erdoberfläche, spricht man von Vulkaniten, wie dem Diabas [1]. In der Bauindustrie finden natürliche Gesteine heute, je nach Art und Beschaffenheit, in unterschiedlichsten Bereichen Verwendung. Sie werden sowohl in der Außenraumgestaltung, im Innenausbau, als auch bei der Mörtel- und Betonherstellung oder im Straßenbau genutzt. Magmagesteine, auch Magmatite genannt, zu denen auch der Diabas zählt, sind wetterbeständig, druckfest, dicht, verschleißfest und eignen sich gut zum Brechen. Aufgrund dieser vorteilhaften mechanischen Eigenschaften gelten sie als wertvolles Gestein und werden bevorzugt zur Herstellung hochwertiger Baustoffe genutzt [2]. Das natürliche Material wird in Steinbrüchen auf der ganzen Welt abgebaut. Auf der Bodenschatzkarte der Bundesrepublik Deutschland ist zu erkennen, dass überwiegend Abbaugebiete für Kies- und Sandgesteine existieren, die zur Gruppe der Sedimentgesteine gehören. Gebiete in denen Magmagesteine vorkommen, sind hingegen selten. In Mitteldeutschland, mit der größten Abbaufläche in Hessen, erstrecken sich jedoch von West nach Ost mehrere Bereiche des vulkanischen Festgesteins [3].

Video 1: Farbverlauf Steinbruch (2023), © Nina Scheld, Lizenz: CC – BY – SA

Um den Abbau dieser Millionen, teilweise Milliarden Jahre alten Materialien zu verstehen, begebe ich mich auf eine Reise nach Mittelhessen in meine Heimat, eine bergige Region in Marburg-Biedenkopf. Durch meinen familiären Hintergrund habe ich alsbald verstanden, dass in dieser Region mehrere Abbaugebiete für vulkanisches Festgestein, zumeist Diabas, existieren. Diese versorgen die lokale Bauindustrie mit den heimischen Rohstoffen sowohl im Tief- als auch im Hochbau. Durch das Bauunternehmen meiner Familie, als auch durch mein Architekturstudium habe ich viele Berührungspunkte mit Baustellen, einem Betonwerk und dem Steinbruch Kohlwald. In Steinperf, ein kleines Dorf in Mittelhessen unweit meines Heimatortes, befindet sich der genannte Steinbruch mit hoher Bedeutung für die Betonherstellung und die Asphaltproduktion in der Region. Bereits im zweiten Weltkrieg begann hier an der einstigen Diabas Kuppe durch die Gründung eines Schotterwerks der Gesteinsabbau für die Bauindustrie und somit die Gewinnung des Gesteins. In den 60er Jahren von Familie Trautvetter übernommen, wurde die Arbeit im Steinbruch unter dem Namen ‘‘Schotterwerk Trautvetter‘‘ ausgebaut. Sowohl das Brechen des Gesteins, als auch die anschließende Klassierung zur Herstellung güteüberwachter Produkte wie Gesteinskörnungen für Asphalt und Beton, sowie Oberflächenbehandlungen für Straßen, Flugplätze und andere Verkehrsflächen und Baustoffgemische, fand seither an diesem Ort statt. Anfang der 2000er Jahre wurde das Unternehmen an die jetzigen beiden privaten Gesellschafter verkauft und der Abbau fortgesetzt. Noch heute wird das vulkanische Gestein in dem bestehenden Tagebau gewonnen und weiterverarbeitet.

Diesen Weg des Diabases, vom mehreren hunderttausend Jahre alten Gestein in der Felswand bis hin zu einem Produkt bereit zur Weiterverarbeitung in einem Betonwerk oder einer Asphaltmischanlage, verfolgend, fahre ich zum Steinbruch. Klaus Hentschel, Geologe und Betriebsleiter der Trautvetter GmbH & Co. KG, sowie Christoph Scheld, mein Vater, Bauunternehmer und einer der beiden Gesellschafter der Trautvetter GmbH & Co. KG, nehmen mich auf eine Exkursion durch den Tagebau mit. Bevor wir beginnen, muss ich meine Turnschuhe gegen Sicherheitsschuhe tauschen und bekomme einen Helm. Diese Sicherheitsvorkehrungen sind Pflicht für alle Mitarbeitenden sowie Besuchenden im Steinbruch und essentiell für eine unfallfreie Arbeit in dieser Umgebung. Unser Exkurs beginnt am Ausgangspunkt des Diabases, den Felswänden in dem ca. 100 m tief abgebauten Steinbruch. Auf der Fahrt dorthin fällt mir der Farbverlauf an der bereits aufgebrochenen Gesteinswand auf, an denen sich verschiedene Epochen und Entstehungsvorgänge ablesen lassen [2]. Klaus Hentschel erklärt mir, dass die oberen, rötlichen Schichten, die so genannten Deckschichten aus Sedimenten wie Grauwacke oder verwittertem Diabas bestehen und zur Weiterverarbeitung für den Straßen- und Wegebau oder Betonarbeiten ungeeignet sind. Dieses Gestein wird beispielsweise für Auffüllungen von Baugruben oder für Produkte mit geringeren Qualitätsanforderungen verwendet. In den unteren, gräulichen Schichten befindet sich der wertvollere Diabas, welcher sich aufgrund seiner Eigenschaften für den Asphaltbau und als Gesteinskörnung für Betonarbeiten sehr gut eignet. Er erzählt weiter, dass Sedimentgesteine einen Anteil von nur ca. 8% an der Erdkruste bilden, allerdings 75% der Oberfläche ausmachen, da sie durch Verwitterung, Transport und Ablagerungen von Gesteinen entstehen. Magmatische Gesteine hingegen sind an der Oberfläche deutlich unterpräsentiert, was die Anzahl abbauwürdiger und genehmigungsrechtlich realisierbarer Abbaustätten beeinflusst. Im Inneren des Tagebaus angekommen erblicke ich auf einer Berme, einem flachen Absatz an der Felsböschung, ein Raupenbohrgerät, welches Löcher für spätere Sprengungen bohrt. Die Fahrzeuge wirken in Relation zur Größe des Steinbruchs wie Spielzeugautos. Klaus Hentschel erzählt, dass im Durchschnitt alle eineinhalb Wochen, je nach Größe, Lage oder Qualität einer Felswand variierend, eine Sprengung mit einer durchschnittlichen Größe von 250 m² durchgeführt wird. Heute findet eine kleinere Sprengung statt. Nachdem alle Absperr- und Kontrollmaßnahmen vorgenommen werden, höre ich einen Countdown und anschließend einen lauten Knall. Millisekunden später spüre ich, trotz sicherer Entfernung, eine leichte Erschütterung unter meinen Füßen und sehe die Gesteinsbrocken von der Felswand fliegen. Danach verschwindet der Bereich für kurze Zeit in einer großen Staubwolke, doch bereits wenige Minuten später wird der Betrieb im Tagebau fortgesetzt – der Staub hat sich gelegt.

Video 2: Sprengung (2023), © Nina Scheld, Lizenz: CC – BY – SA

Auf einer gegenüberliegenden Berme sichte ich den Hochlöffelbagger des Betriebs, welcher das gesprengte Haufwerk einer vergangenen Sprengung vorzerkleinert, indem er eine fünf Tonnen schwere Stahlkugel auf die großen Steine fallen lässt. Obwohl wir uns auf der anderen Seite des Steinbruchs befinden, kann ich neben den brummenden Motorgeräuschen der Fahrzeuge ebenfalls das laute, dumpfe Geräusch der auf die Steine treffenden Stahlkugel deutlich wahrnehmen. Der Hochlöffelbagger lädt das zerkleinerte Gestein auf einen Schwerkraftwagen und dieser fährt die Steine anschließend zum Vorbrecher, den wir als nächstes anfahren. Auf unserem Weg zu den weiteren Maschinen, raus aus dem Tagebau, fallen mir vereinzelt Grünpflanzen in Mitten der Felswände auf. Schon seit über 350 Millionen Jahren existieren Pflanzen, die ebenfalls Mineralien aus dem Boden beziehen und somit auch als eine Art Bergarbeiter*innen gesehen werden können. Sie beschränken ihre Aktivitäten jedoch auf die ersten Meter des fruchtbaren Bodens und dringen dabei, anders als der Mensch, nie in große Tiefen vor. Vor etwa zweieinhalb Millionen Jahren, in der Steinzeit, haben unsere Vorfahren begonnen Steine als Werkzeuge zu benutzen. Seit diesen Anfängen hat sich der menschliche Eingriff stark gesteigert und weiterentwickelt. Mindestens zehn Milliarden Tonnen Rohstoffe, davon 259 Millionen Tonnen gebrochene Natursteine, werden heutzutage jährlich von Menschen aus dem Boden geholt – bis zu einer Tiefe, die für Pflanzenwurzeln unerreichbar ist [4, 5].

Video 3: Pflanzen im Steinbruch (2023), © Nina Scheld, Lizenz: CC – BY – SA

Als wir an einer riesigen, circa 20 m hohen Anlage mit Silos und Förderbändern ankommen wird die Geräuschkulisse größer und die Kommunikation schwieriger. Aus der Maschine kommen rhythmische, hämmernde Geräusche. Klaus Hentschel erklärt mir, dass die erste Stufe der Verarbeitung das Brechen des Gesteins ist. In dieser ersten Phase gelangt das abgebaute Gestein vom Schwerkraftwagen in den Vorbrecher. Wir gehen durch eine Tür in dessen Maschinenraum, in dem die Lautstärke der Geräusche noch intensiver wird und durch ein Rauschen der Absauganlage und das Rattern der Förderbänder ergänzt wird. Ich kann zusehen, wie die noch bis zu 60 cm großen Gesteinsbrocken in etwas Kleinere gebrochen werden. Um mich herum befinden sich einige Förderbänder, beladen mit Gesteinsbrocken verschiedener Größen. Mir wird erklärt, dass der Stein noch weitere Brechstufen durchläuft bevor er die zweite Stufe der Verarbeitung erreicht: Das Klassieren. In diesem Schritt wandert der Diabas durch unterschiedliche Siebe und wird in verschiedene Körnungsgrößen sortiert. Wir setzen unsere Besichtigung fort und gelangen zur letzten Station der Reise des Diabases im Steinbruch Kohlwald. In mehreren Boxen lagern verschieden große Steinberge mit Schildern, auf welchen deren Körnungsgröße abzulesen ist. Anhand des Schilds vor mir kann ich erkennen, dass wir vor den Halden mit den 8/11 mm und 11/16 mm Körnungen stehen. Diese Größen werden für die Betonherstellung verwendet und gelangen entweder von dieser Halde oder direkt über eine Bandverladung auf einen LKW, von welchem sie dann zum jeweiligen Betonwerk abtransportiert werden.

Video 4: Diabassteine (2023), © Nina Scheld, Lizenz: CC – BY – SA

Trotz des Eingriffs in den Gesteinskreislauf der Natur ist der größtmögliche Schutz dieser für die Firma Trautvetter GmbH & Co. KG von großer Bedeutung, sagt Christoph Scheld. Für einen unmittelbaren Ausgleich der Natur reagiert der Betrieb mit bestimmten Maßnahmen. Für die letzte Erweiterung des Steinbruchs mit einer Größe von zwei Hektar, werden in einem benachbarten Dorf auf gleichwertiger Fläche Wiesen und Bäume angelegt. Für die Zukunft, nach Beendigung des Tagebaus, ist ein Renaturierungskonzept für die durch Bewirtschaftung künstlich entstandene Landschaft vorgesehen. Dieses Konzept darf ich mir ansehen und erfahre dabei, dass es sich um eine Genehmigungsvoraussetzung für den Abbau handelt. In dem Konzept mit einer Rahmenplanung bis 2042 heißt es, dass der Steinbruch bei einer Renaturierung bis auf Straßenniveau aufgefüllt wird, die Flächen mit bereits definierten Pflanzenarten bepflanzt werden und zusätzlich ein Teich angelegt wird. Die verbleibenden Steilwände sind als Habitate für verschiedene Vogelarten, wie z.B. den Uhu vorgesehen. Am Ende der Exkursion tausche ich meine Sicherheitsschuhe zurück in meine Turnschuhe und setze den Helm ab. Auf dem Rückweg fahre ich an einer der Ausgleichsflächen in der Nähe vorbei. Ein Zaun grenzt das Grundstück ab und verhindert ein Betreten der Wiese. Trotzdem kann ich erkennen, dass die kleinen Jungbäume in vielen Reihen angeordnet sind. Ein Stück weiter abseits auf der Wiese erkenne ich eine kahle Stelle und frage mich, ob dies beabsichtigt ist oder dort die Bäume möglicherweise aufgrund anderer Bodenverhältnisse nicht anwachsen konnten.

Um den Konflikt zwischen Natur und menschlichen Eingriffen weiter zu untersuchen, werfe ich einen Blick in das Natur- und Artenschutzrecht und treffe anschließend Matthias Schneider, Vorsitzender des BUND Ortsverband Biedenkopf und beruflich tätig als Referent für Naturschutz im Umweltministerium des Landes Rheinland-Pfalz, zu einem Gespräch. Im Natur- und Artenschutzrecht sind Ausgleichsflächen gesetzlich festgelegt. Lassen sich die Folgen eines Eingriffs nicht durch vorhabenbezogene Minimierungsmaßnahmen vermeiden, sind sie unvermeidbar und die Verursachenden sind verpflichtet Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen zu treffen [6]. Auf meine Frage nach der Definition von Vermeidbarkeit erläutert Matthias Schneider genauer, dass vermeidbare Eingriffe immer unzulässig sind. Vermeidbarkeit bedeutet, dass der Zweck des Vorhabens mit anderen Möglichkeiten, die weniger beeinträchtigend sind, erreicht werden kann. Er erklärt weiter, dass dies im Fall des Gesteinsabbaus bedeutet, wenn der Abbau ähnlicher Gesteinsqualität auf einer anderen Fläche im Umfeld ohne Biotopverlust möglich ist, führt dies zur Unzulässigkeit des Eingriffs am ursprünglichen Standort. Ich erfahre somit, dass der Betrachtungsgegenstand die Biotope auf den betroffenen Flächen ist. Biotop heißt Lebensraum, Lebensraum von wildlebenden, heimischen Pflanzen und Tieren, erklärt Matthias Schneider. Ist ein Eingriff also unvermeidbar, müssen Ausgleichsmaßnahmen geschaffen werden. Ausgleich meint, es muss genau das wiederhergestellt werden, an anderer Stelle aber in räumlichem Zusammenhang, was durch den Eingriff zerstört wurde. Hierfür werden Intensivwiesen oder Ackerstandorte im Umfeld des Eingriffs genutzt, welche sich von ihrem geologischen Untergrund eignen um den zerstörten Biotoptyp wieder zu entwickeln und so sein Fortbestehen zu gewährleisten. Ich frage Matthias Schneider, ob in der Umsetzung die Resultate dieser Flächen den geplanten Zielzuständen entsprechen. In der Realität erreichen die Ausgleichsflächen oft nicht den Zustand, der ihnen zugedacht war. Dies hängt oft mit mangelnder Pflege und Begleitung der Maßnahmen zusammen. Ich möchte wissen, wie neben den zerstörten Flächen der Biotope, mit der Tatsache umgegangen wird, dass Millionen Jahre altes Gestein abgebaut wird und es unmöglich ist dieses der Natur in seiner ursprünglichen Form zurückzugeben oder es wiederherzustellen. Der Naturhaushalt setzt sich aus biotischen und abiotischen Naturgütern zusammen. Die biotischen Naturgüter schließen hierbei alle Arten und Biotope, das heißt alles Belebte, wie beispielsweise Tiere oder Pflanzen, ein. Die abiotischen Naturgüter hingegen umfassen alles nicht belebte, wie beispielsweise Boden, Luft, Wasser und somit auch Gesteine [7]. Wenn man diese entnimmt, sind sie so nicht wieder herstellbar. Matthias Schneider erklärt weiter, dass dies vom Recht hingenommen und gebilligt wird, da die Gesellschaft Rohstoffe benötigt um beispielsweise Infrastruktur oder Gebäude zu bauen. Daher sind die Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne einer Ersatzmaßnahme zu sehen. Entscheidender ist der geologische Untergrund, welcher durch den Eingriff verbleibt, sagt Matthias Schneider. Er führt an, dass sich in Steinbrüchen viele prioritäre Arten ansiedeln. Diese Arten, überwiegend Amphibien, konzentrieren sich heute zum Großteil auf Abbaugebiete und sind paradoxerweise somit existenziell auf die Fortführung des Abbaus und diese Art von Störungen der Natur angewiesen. Ein Steinbruch wird somit zum Sekundärbiotop, da es auf menschliches Wirken zurückzuführen ist. Er sagt, dass bei Beendigung des Tagebaus in Steinbrüchen aus Artenschutzsicht beispielsweise eine Verfüllung kritisch zu sehen ist. Die angesiedelten Arten im Steinbruch werden erneut vertrieben und finden kein Ausweichhabitat. Durch das Belassen einer entsprechenden Struktur, das heißt ein Steinbruch mit Gewässer, kann der naturschutzrechtliche Ausgleich innerhalb der Abbaufläche realisiert werden und die sich angesiedelten Arten bleiben erhalten.

Video 5: Ausgleichsfläche (2023), © Nina Scheld, Lizenz: CC – BY – SA

Die Reise der mittlerweile kleinen Diabas Steinchen weiterverfolgend, gelange ich im Anschluss an meinen Besuch im Steinbruch zu einem Betonwerk in Bad Laasphe. Ich erreiche den Hof des Werks, auf dem ich bereits einige Betonmischfahrzeuge in den Garagen sehen kann. In einem kleinen Gebäude am Rande des Hofs befindet sich das Büro von Francesco Capra, Betriebsleiter der Transportbeton Oberlahn GmbH & Co. KG, welcher mich über das Gelände führt. Nahezu alle Abläufe geschehen in oder an der Betonmischanlage, zu welcher wir als Erstes gehen. Um einen besseren Überblick zu erhalten und weil momentan kein Betonmischvorgang stattfindet, können wir über eine Treppe nach oben auf die Anlage steigen. Es ist ruhig, die Maschine steht still und um mich herum befinden sich viele verschiedene Gesteins- und Sandberge. Nachdem die Materialien in großen Mengen mit LKWs aus den Abbaugebieten ankommen, werden sie hier gelagert, erklärt mir Francesco Capra. Je nach Bedarf an Beton werden die Rohstoffe mithilfe einer Dosieranlage in den richtigen Mengen abgemessen, gewogen und durch eine Art Schaufel zur Mischtrommel transportiert. Im Mischvorgang werden alle Zutaten, einschließlich des Diabases als Gesteinskörnung, mit Wasser vermischt. Um sicherzustellen, dass alle Bestandteile gleichmäßig verteilt sind und eine homogene Mischung entsteht, dauert der Mischvorgang im Durchschnitt rund zehn Minuten. Vom Mischer gelangt die Masse anschließend über ein schlauchartiges Rohr direkt in das Betonmischfahrzeug. Etwa 6-7 m³ Beton fasst ein solches Fahrzeug, das die noch weiche Masse auf direktem Weg zur Baustelle fährt, auf welcher der Beton verbaut werden soll.

Eine der Baustellen in der Nähe, die vom Betonwerk Transport Beton Oberlahn GmbH & Co. KG beliefert wird, befindet sich inBiedenkopf. Hier wird auf dem Gelände des Bauunternehmens Scheld GmbH der Neubau einer Büroerweiterung aus Beton realisiert. Christoph Scheld berichtet, dass das Fundament und die meisten der Wände im Erdgeschoss fertiggestellt sind und nun die Schalungen für die restlichen Wände bereit für eine Verfüllung mit Ortbeton sind. Ortbeton ist jener, welcher direkt vor Ort auf der Baustelle als Frischbeton verarbeitet wird. Die Transportstrecke und Transportzeit des Betons müssen hierbei berücksichtigt werden, da der Beton innerhalb von höchstens 90 Minuten nach Mischungsende auf der Baustelle sein sollte. Werden die Fristen nicht eingehalten, kann eine Verfestigung des Frischbetons eintreten [2]. Dieser natürliche Vorgang erinnert mich an die ursprüngliche Entstehung des magmatischen Gesteins. Während des Betonierens wird die Masse mit einer Rüttelflasche verdichtet, sodass sie sich überall gleichmäßig verteilt und Luftblasen aufgelöst werden. Im Anschluss härten die Betonteile aus und können nach Erreichen ausreichender Festigkeit nach ca. 48 Stunden, abhängig von der Beton- und Zementqualität, der Belastungsbedingungen des Bauteils und der Witterung, ausgeschalt werden. Nach etwa 28 Tagen ist die Masse, einschließlich des enthaltenen Diabas, vollständig ausgehärtet. Gegenüber des Hofs des Bauunternehmens zeigt Christoph Scheld auf einen Hügel aus großen Steinen. Nach wenigen Minuten erreichen wir zu Fuß den gegenüberliegenden Recyclinghof und stehen vor einer der Halden aus Bauschutt. Zu meinen Füßen türmen sich Mauerwerkreste, Asphaltbrocken und Betonabbruch, von denen die meisten vermutlich Diabas enthalten. Die Überreste von Gebäuden, Straßen oder anderen Bauwerken entstehen bei Abbrüchen und werden auf Recyclinghöfe transportiert. Ungefähr einmal im Jahr, wenn sich genug Recyclingbauschutt angesammelt hat, kommt ein Brecher zum Einsatz um das Material, ähnlich wie im Steinbruch, erneut zu brechen und anschließend in verschiedene Größen zu sieben. Als Endprodukt entstehen Sand und Gesteinskörnungen mit der Größe von 0/45mm. Diese Recyclingprodukte werden in der Bauindustrie als Auffüllmaterial von Baugruben, Arbeitsräumen oder Gräben wiederverwendet, das heißt in Bereichen mit geringeren Anforderungen an das verbaute Material. Dieser Prozess stellt somit Downcycling und kein Recycling, bei dem gleichwertige Materialien entstehen, dar. 

Video 6: Recyclinghof (2023), © Nina Scheld, Lizenz: CC – BY – SA

Im natürlichen Gesteinskreislauf verändern sich die Strukturen und Schichten des Diabases über mehrere Epochen. Magmatisches Gestein verwittert zu einem Sediment, welches durch Versenkung zu einem Metamorphit wird. Durch Aufschmelzung wird dieses wieder zu einem Magmatit und es entsteht ein ewiger Kreislauf über Millionen von Jahren – würde der Mensch nicht eingreifen. Durch die Bewirtschaftung und Nutzung des Gesteins als Rohstoff, reist 250 Millionen Jahre alter Diabas innerhalb weniger Wochen, eventuell nur Tage, durch etliche Maschinen, verändert seine Größe und seine Struktur in nicht-natürlicher Geschwindigkeit im vom Menschen erzeugten Kreislauf.  Vom Steinbruch, seinem Entstehungsort, in Form von Gesteinskörnung über das Betonwerk und schließlich als Bestandteil von Beton auf eine Baustelle. Dort ist er meist nur wenige Jahrzehnte verbaut und wird nach seinem Abbruch als Bauschutt wiederverwendet. Auf menschlich erzeugten Wegen gelangt der Diabas so schließlich als Füllmaterial einer Baugrube zurück in die Erde – dorthin wo er einst entstanden ist.

[Lizenz: CC – BY – SA]

Quellen:

[1] Schneider, J. 2018. Gesteinskunde – Ein Leitfaden für Einsteiger und Anwender, 4. Auflage. Springer Spektrum: Berlin.
[2] Wendehorst, R. 2004. Baustoffkunde, 26. Auflage. Curt R. Vincentz: Hannover.
[3] Geoportal. 2023. Bodenschätze der Bundesrepublik Deutschland 1:1.000.000.
https://www.geoportal.de/map.html
[4] Bardi, U. 2013. Der geplünderte Planet – Die Zukunft des Menschen im Zeitalter schwindender Ressourcen, 2. Auflage. Oekom: München.
[5] Kluth, W. und Ulrich, S. 2020. Umweltrecht – Ein Lehrbuch. Springer Spektrum: Wiesbaden. 
[6] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. 2023. Wirtschaftsbranchen – Bergbau. Branchenskizze. https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Textsammlungen/Branchenfokus/Industrie/branchenfokus-bergbau-und-rohstoffe.html#:~:text=So%20wurden%20im%20Jahr%202019,zuz%C3%BCglich%204%2C7%20M%20io
[7] Smith, T. M. und Smith, R. 2009. Ökologie, 6.Auflage. Pearson Studium: München.