03. Gendergerechte Sprache

Das Thema „Gender in der Sprache“ ist vieldiskutiert und bietet leider nur wenig Konsens, den wir an der dieser Stelle vermitteln können. Dass Sprache jedoch viel über die sozialen Beziehungen einer Kultur verrät, sollte uns allen bewusst sein. Es kann also nur im Sinne einer wissenschaftlichen Redlichkeit sein, sich der Bedeutungen und Codierungen von Sprache in Bezug auf Gender bewusst zu werden und diese auf die eine oder andere Art und Weise zu adressieren.

Codierung von Gender in Sprache

Wie stark unsere Sprache auf bestimmten kulturellen Praktiken basiert, und wie sehr wir diese Praktiken tradieren, wenn wir Sprache unachtsam nutzen, zeigt ein ganz kurzer Ausflug in die Arbeitswelt. Wenn wir etwa von Krankenschwestern sprechen, aber von einer kaufmännischen Lehre. Die historisch begründeten Gender-Zuschreibungen in den Berufsbildern zeigen, wie sehr dem jeweiligen Beruf eine ‚normierte‘ Zielgruppe zugeordnet wird. Noch drastischer ist die kulturelle Zuschreibung, wenn offensichtlich fehlerhafte Berechnungen im Sprachgebrauch einem weiblichen Berufsbild mit niedriger Bildungsstufe nachgesagt werden, wie es bei der „Milchmädchenrechnung“ der Fall ist. Im Gegenzug ist der „Chefsessel“ eine rein männlich konnotierte Sitzgelegenheit, die weibliche Vorstände sprachlich noch nicht erobern konnten. Sprache formt Kultur, aber Kultur kann auch Sprache ändern – deswegen ist es wichtig, das wir alle, die Wissenschaft betreiben, uns dessen bewusst sind.

Genderformen

Um Gender in der Sprache zu kennzeichnen, gibt es verschiedene Formulierungen, von denen aber keine bislang einen weitreichenden Konsens gefunden hat. Kritik und Fürsprache findet sich zu allen Vorschlägen. Grundlegend kann hier daher keine Empfehlung getroffen werden, welche Form genutzt wird. Aber: Es wird dringlich empfohlen, eine eigene und explizit formulierte Position zum Thema „Gendergerechte Sprache“ einzunehmen. Am Beispiel „Polizist“ sind hier die gängigsten Formen aufgelistet:

  • Doppelnennung: Polizistinnen und Polizisten
  • Klammer: Polizist(in)
  • Binnen-I: PolizistIn
  • Gender-Gap: Polizist_in
  • Gender-Stern: Polizist*in

Kriterien, die hier für oder gegen eine bestimmte Form sprechen sind Fragen der Lesbarkeit, der Länge und Komplexität der Formulierung, der grammatischen Passung oder auch der Aufnahme non-binärer Genderkategorien, die in binären Formulierungen nicht abgebildet werden.

Genderneutrale Formulierungen

Eine weitere, und meist inklusivere Option der Sprachregelung findet sich in der genderneutralen Sprache, die keine Passung oder Reihung verschiedener Gender versucht, sondern darauf abzielt Gender als Kategorie aus der Sprache zu eliminieren. Die bekannteste Form dafür wäre im Universitätskontext sicher die Ersetzung von „Studenten“ und „Studentinnen“ durch „Studierende“.

  • Ersetzung durch geschlechtsneutrale Begriffe („Lehrer/Lehrerin“ durch „Lehrkraft“, „Mann“/„Frau“ durch „Person“)
  • Umschreibung durch unpersönliche Pronomen („Alle, die…“, „Wer“, „Diejenigen“)
  • Grammatische Anpassung durch Passivformulierung

Weiterführende Links

Weitere Hinweise finden sich im Netz, z.B. auf den Seiten von Universitäten, wie in dem unten verlinkten Leitfaden der LMU München. Und ein sehr schönes Projekt zum Verständnis, was Gender eigentlich ist und wie es in der Sprache zum Einsatz kommt, haben die Kolleg*innen des HOOU Projekts „Was ist Gender?“ entwickelt.

HOOU Projekt "Was ist Gender?" LMU Leitfaden "Genderkompetenz"


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