VERÄNDERN: Diversity Management
Neben Gender Mainstreaming gewinnt seit den 2000er Jahren in Deuschland Diversity Management zunehmend an Bedeutung. Was Diversity Management ist und welche Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen bestehen, wollen wir jetzt erläutern.
Was ist Diversity?
Diversity heißt übersetzt schlicht “Vielfalt”. Der Begriff verweist darauf, dass Menschen aufgrund verschiedener sozialer Kategorien wie Geschlecht, Alter, ethnische Herkunft oder gesundheitliche Beeinträchtigungen sowie weitere Dimensionen wie Lebenslage, Religion oder Familienstand vielfältig sind. So weisen wir alle Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit anderen auf.
Anfang der 1990er Jahre entwarfen Marilyn Rosener und Judy Loden in ihrem Buch “Workforce America” das sogenannte “Diversity Wheel” (Diversitätsrad). Mit diesem Rad lässt sich gut zeigen, welche verschiedenen Diversitydimensionen wir alle (potenziell) aufweisen. Danial de Ridder und Bettina Jorzik haben das Diversitätsrad für den Hochschulkontext angepasst, wie die folgende Abbildung zeigt:
Die Abbildung zeigt relevante Diversity-Dimensionen für Hochschulen. Zentral und schwer veränderlich sind dabei Geschlecht, soziale Herkunft, Ethnizität, Alter, gesundheitliche Beeinträchtigung sowie sexuelle Orientierung.
Verschränkt mit Aspekten wie Studienort, Familienstatus, Religion oder Teilzeitstudium ergeben sich daraus spezifische Ressourcen, Erfahrungen und Fähigkeiten, die Studierende und Lehrende mitbringen.
Was bedeutet Diversity Management?
Diversity Management bezeichnet eine Managementstrategie zum konstruktiven Umgang mit Vielfalt (Diversity). Zumeist liegt die Betonung dabei auf den Chancen und Potenzialen, die eine vielfältige Belegschaft für ein Unternehmen hat. So wird beispielsweise argumentiert, dass Türkisch sprechende Schaltermitarbeitende in Banken, die in Gegenden mit einem hohen Bevölkerungsanteil mit türkischem Migrationshintergrund liegen, die Kund*innenbindung und Kund*innenzufriedenheit erhöhen. Geschlechtergemischte Teams seien weiterhin innovativer, da sie durch die unterschiedlichen Perspektiven mehr Ideen produzierten.
Diversity Management kritisiert, dass herkömmliche Organisationen besonders auf die Bedürfnisse, die Perspektive und den Lebensstil von weißen Männern ausgelegt seien. Solche Organisationen werden auch als monokulturell bezeichnet.
Demgegenüber geht es beim Diversity Management darum, die Strukturen, Prozesse und die Kultur einer Organisation so zu gestalten, dass sie Ressourcen und Kompetenzen einer vielfältigen Belegschaft berücksichtigt. Ziel ist es so, die Potenziale aller Mitarbeitenden bestmöglich zur Geltung zu bringen und nutzen zu können. Die Nachteile einer monokulturellen Organisation lassen sich gut am Beispiel der Fabel von der Giraffe und dem Elefanten verdeutlichen.
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- Getraude Krell & Hartmut Wächter (2006): Diversity Management – Impulse aus der Personalforschung
Zum Verhältnis von Gender und Diversity ...
Als in den 2000er Jahren Diversity Management neben Gender Mainstreaming immer mehr an Bedeutung gewann, diskutierten Forschende bisweilen sehr kontrovers das Verhältnis von Gender und Diversity. Viele Gleichstellungsakteur*innen und Geschlechterforschende lehnten das Konzept Diversity Management zunächst ab. Sie kritisierten die betriebswirtschaftliche Ausrichtung des Konzepts und, dass Diversity Management den Blick zu wenig auf historisch gewachsene, gesellschaftliche Ungleichheiten (z.B. Sexismus, Rassismus oder Klassenverhältnisse) richte.
Die Wirtschaftswissenschaftlerin Getraude Krell (2005) drei Varianten, wie Gender und Diversity in Organisationen verbunden werden können. Sie stellt deren Vor- und Nachteile aus ihrer Perspektive dar:
Vorteil: Geschlecht kann intersektional gedacht werden. Das heißt, Organisationen könnten einen Fokus Mehrfachdiskriminierung und die Vielfalt von Geschlecht legen und beispielsweise Schwarze oder behindert Frauen und deren Ausgrenzungserfahrungen fokussieren. Wenn Diversity unter Gender subsumiert wird, dann kommt es zu keiner Ablehnung, weil nicht schon wieder ein neues Konzept eingeführt wird.
Nachteil: Gender bleibt die Hauptkategorie. Andere Kategorien haben damit nachgeordnete Bedeutung und bekommen weniger Aufmerksamkeit.
Vorteil: Gender bleibt als zentrale Kategorie neben Diversity sichtbar und geht nicht in Diversity unter.
Nachteil: Offiziell steht zwar Diversity drauf, aber faktisch verbergen sich dahinter primär Maßnahmen zur Geschlechtergleichstellung. Gender stößt auf große Ablehnung und damit wird Diversity negativ assoziiert.
Vorteil: Diskriminierung aufgrund aller Merkmale wird berücksichtigt. Chancenorientierte Perspektive von Diversity erleichtert auch das Sprechen über Diskriminierung (Türöffnereffekt).
Nachteil: Die Umsetzung und Planung von Maßnahmen wird komplexer – häufig bei gleichbleibenden Ressourcen. Gender wird eine Kategorie unter vielen und damit marginalisiert.
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- Getraude Krell (2004): Managing Diversity und Gender Mainstreaming – ein Konzeptvergleich.
- Getraude Krell (2005): Gender und Diversity – Integrieren statt Polarisieren
- Angelika Wetterer (2003): Gender Mainstreaming und Managing Diversity – Rhetorische Modernisierung oder Paradigmenwechsel in der Gleichstellungspolitik?
- Getraude Krell & Hartmut Wächter (2006): Diversity Management – Impulse aus der Personalforschung