ERKENNEN: Lohnungleichheit

Gender Pay Gap

Frauen verdienen in Deutschland im Durchschnitt weniger als Männer. Im Jahr 2019 betrug die Bruttolohnlücke zwischen den Geschlechtern 21 Prozent. Der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern wird auch Gender Pay Gap genannt.

Um auf die Lohnlücke aufmerksam zu machen, gibt es jährlich den Equal Pay Day. Dieser Tag wird jedes Jahr neu berechnet und markiert symbolisch den Zeitpunkt bis zu welchem Frauen umsonst arbeiten, während Männer schon ab dem 1. Januar für ihre Arbeit  bezahlt werden. Im Jahr 2019 fiel der Tag der Entgeltgleichheit auf den 18. März.

Entwicklung der Bruttolohndifferenz

Zwischen 1991 und 2012 hat sich die Differenz zwischen dem Bruttomonatsverdienst von Männern und von Frauen nicht verbessert. Im Gegenteil: Sie ist gestiegen!

Dies zeigt die folgende Grafik der Bundeszentrale für politische Bildung:

 

Die Grafik zeigt folgende Zusammenhänge: Von Anfang der 1990er Jahre bis Anfang der 2010er Jahre ist der durchschnittliche Lohnunterschied pro Arbeitsstunde zwischen Frauen und Männern gestiegen (roter Graph). 1991 verdienten Frauen im produzierenden Gewerbe und Dienstleistungsbereich deutschlandweit noch 566 Euro weniger als Männer; 2012 betrug dieser Unterschied 670 Euro.

Außerdem ist auffällig, dass die Lohnlücke in den neuen Bundesländern niedriger ist (grüner Graph) als in den alten Bundesländern (blauer Graph). 1991, kurz nach der Wiedervereinigung, verdienten Frauen in Ostdeutschland im Durchschnitt  lediglich 120 Euro weniger als Männer, während der Unterschied in Westdeutschland  620 Euro betrug. Auch 2012 war der Unterschied mit 154 Euro noch wesentlich geringer als die westdeutsche Lohnungleichheit, die 725 Euro betrug.

Seit 2015 ist ein leichter Rückgang des Gender Pay Gap zu beobachten. Ein Grund dafür ist die Einführung des Mindestlohns zum 1. Januar 2015, von dem vor allem jene profitieren, die im Niedriglohnsektor angestellt sind – hier arbeiten mehr Frauen als Männer (WSI: Gender Pay Gap 2006-2018).

Auswirkungen auf die Rentenansprüche (Gender Pension Gap)

Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen wirken sich auch auf die Rentenansprüche aus. Die Rente ist in Deutschland maßgeblich vom Erwerbseinkommen geprägt. Da Frauen weniger Stunden pro Woche arbeiten, häufiger für Erziehungs- und Pflegeaufgaben ihre Erwerbsarbeit unterbrechen oder in Sektoren arbeiten, die schlecht bezahlt sind, ist ihr Einkommen im Vergleich zu Männern niedriger – und damit auch ihre Rentenansprüche. Der Gender Pension Gap beschreibt die fortgesetzte Geschlechterungleichheit in Bezug auf die Rentenansprüche.
Er [der Gender Pension Gap] beschreibt das Verhältnis der durchschnittlichen persönlichen eigenen Alterssicherungseinkommen von Frauen gegenüber denen von Männern.

(BMFSFJ)

2007 lag der Gender Pension Gap in Deutschland bei 59,6 Prozent. In absoluten Zahlen bedeutet dies:  Während Männer durchschnittlich über 1.595 Euro an eigenem Alterssicherungseinkommen verfügten, sind es für Frauen nur 645 Euro (BMFSFJ, 2011).
 
Der Gender Pension Gap ist leicht rückläufig. Er betrug im Jahr 2015 aber immer noch 53 Prozent.
 
Auch beim Gender Pension Gap gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen den neuen un den alten Bundesländern. In den neuen Bundesländern betrug er 2015 28 Prozent und in den alten Bundesländern 58 Prozent (WSI: Gender Daten Portal, 2017).
 

Berechnungen des Gender Pay Gap

In den Medien und in der Politik kursieren manchmal stark abweichende Werte des Gender Pay Gap. Dies ist unter anderem auf unterschiedliche Berechnungen zurückzuführen.

Es lassen sich zwei Berechnungsmethoden unterscheiden: der bereinigte und der unbereinigte Gender Pay Gap.

Berechnungsmethode: Für den unbereinigten Gender Pay Gap werden die absoluten Brutto­stunden­verdienste ins Verhältnis zueinander gesetzt. Es werden keine weiteren Faktoren für den Gender Pay Gap berücksichtigt, wie zum Beispiel branchenspezifische Lohnunterschiede, unterschiedliche Positionen in der beruflichen Hierarchie, Qualifikationsniveau, Kindererziehungszeiten und Teilzeitbeschäftigung.

Formel: (Durchschnittlicher Bruttostundenverdienst der Männer – durch­schnittlicher Brutto­stunden­verdienst der Frauen) / durch­schnittlicher Brutto­stundenverdienst der Männer * 100

Kritik: Der Gender Pay Gap überschätzt den tatsächlichen Verdienstabstand. Die Lohnlücke entsteht vor allem durch unterschiedliche Erwerbsbiografien von Frauen und Männern. Deshalb würden hier die Unterschiede dramatisiert und Werte mit einander verglichen, die eigentlich nicht vergleichbar seien.

Berechnungsmethode: Der bereinigte Gender Pay Gap wird auf Basis der vierjährlichen Verdienst­strukturerhebung berechnet. Hier wird jener Teil des Verdienst­unterschieds heraus­gerechnet, der auf strukturelle Unterschiede zwischen den Geschlechter­gruppen zurückzuführen ist, wie Unterschiede bei Berufen, Beschäftigungsumfang, Qualifikationsniveau, Berufserfahrung oder der geringere Anteil von Frauen in Führungspositionen. Der bereinigte Gender Pay Gap misst den Verdienstabstand von Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiographien.

Beim bereinigten Gender Pay Gap werden unterschiedliche Qualifikationsgrade, Ausbildungshintergründe, Alter, Teilzeittätigkeit etc. herausgerechnet.

Kritik: Beim bereinigten Gender Pay Gap werden Ungleichheitsstrukturen auf dem Arbeitsmarkt nicht berücksichtigt. Frauen unterbrechen vor allem ihre Erwerbsarbeit für Kinder und erhalten schon nach ihrer Ausbildung schlechter bezahlte Positionen.

Das Statistische Bundesamt verwendet für die Berechnung des Gender Pay Gap die Methode des unbereinigten Gender Pay Gap, um so auch strukturelle Benachteiligung am Arbeitsmarkt zu erfassen:

Mithilfe des unbereinigten Gender Pay Gap wird auch der Teil des Verdienstunterschieds erfasst, der durch schlechtere Zugangschancen von Frauen hinsichtlich bestimmter Berufe oder Karrierestufen verursacht wird, die möglicherweise ebenfalls das Ergebnis benachteiligender Strukturen sind.

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Ursachen für die geschlechtsspezifische Entgeltungleichheit

Es gibt unterschiedliche Ursachen für die geschlechtsspezifische Entgeldungleichheit. Diese werden im Folgenden kurz erklärt:

Frauen haben es u.a. aufgrund von Geschlechterstereotypen ungleich schwerer in Führungspositionen zu kommen, weshalb in den Führungspositionen vor allem Männer anzutreffen sind.

Frauendominierte Berufe werden häufig gesellschaftlich weniger wertgeschätzt und schlechter bezahlt (z.B. Erzieher*innen und Krankenpfleger*innen)

Gesellschaftlich geprägte Geschlechterstereotypen beeinflussen die Berufswahl von Frauen und Männern. Es werden immer noch Unterschiede gemacht zwischen “männlichen” und “weiblichen” Berufsbildern, wenngleich die Ausbildungsstrukturen und die Berufstätigkeiten zum Großteil mittlerweile völlig geschlechtsneutral sind.

Die familienbedingte Erwerbsunterbrechung bedeutet oft einen Karriere- und Gehaltsknick. Dies trifft vor allem Frauen, da sie nach wie vor die Hauptlast der Pflege- und Erziehungsaufgaben schultern. Zumeist arbeiten Frauen dann in Teilzeit, um Familie und Beruf vereinbaren zu können.