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KISS* - KI für Schüler*innen und Studierende

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4 Regelbasierte KI – Expertensysteme

Was ist das?

Expertensysteme waren die ersten KI-Systeme, die große Hoffnungen weckten, dass Computer Menschen bei ihren Entscheidungen unterstützen können. Bereits in den 1960er-Jahren wurde die Idee geboren und seit den 1980er-Jahren auch kommerziell eingesetzt. Expertensysteme versuchen, durch automatisch angewandte Regeln Probleme zu lösen. Sie verwenden regelbasierte Algorithmen. Daher rechnet man diese der regelbasierten KI zu. Ein gutes Beispiel einer regelbasierten KI ist ein Expertensystem, das mithilfe einer Reihe von Wenn-dann-Regeln eine biologische Artenbestimmung vornimmt.

Beispiele: Lade eine von beiden oder beide Apps auf dein Smartphone und versuche, den oben abgebildeten Vogel zu bestimmen: 1 AKINATOR, 2 NATURBLICK. Wenn du kein Smartphone zur Hand hast, kannst du im Internet auch zu Akinator.com gehen. 

Wie funktioniert das?
Expertensysteme bestehen aus zwei Hauptelementen:

 1. Wissensbasis (engl. knowledge base)
2. Inferenzmaschine (engl. inference machine)

In der Wissensbasis ist das Fachwissen so gespeichert, dass die Inferenzmaschine darauf zugreifen kann und mithilfe von Regeln zu einem Ergebnis kommt. Inferenz heißt „Schlussfolgerungen ziehen“ und bedeutet in einem Expertensystem den Abgleich mit Wenn-dann-Regeln oder Ja-nein-Fragen.

Schauen wir uns die Zusammenarbeit von Wissensbasis und Inferenzmaschine einmal an. Hier sehen wir ein stark vereinfachtes Beispiel einer Wissensbasis für die Vogelartenbestimmung.

Rotkehlchen
Größe 10 – 15 cm
Farbe Rot-braun
Brust Rötlich
Schnabel Gerade – spitz
Gesang Komplex
Spatz
Größe 10 – 15 cm
Farbe Grau
Brust Weiß
Schnabel Gerade – Stumpf
Gesang Einfach

Die Inferenzmaschine geht jetzt einfach die einzelnen Merkmale durch und fragt diese ab.

Beispiel:
„Ist der Vogel zwischen 10 und 15 cm groß?

Antwort: JA (Nach dieser Antwort ist noch nicht klar, welcher Vogel gemeint ist, da sowohl Rotkehlchen als auch Spatz diese Größe haben. Also fragt das System weiter:)

„Ist die Farbe der Brust rot-braun?“
Antwort: JA

 

(Gäbe es nur Spatzen und Rotkehlchen im Expertensystem, wäre jetzt klar, dass es sich um ein Rotkehlchen handelt, aber da es noch jede Menge andere Vögel gibt, fragt das Expertensystem so lange weiter, bis es eine eindeutige Lösung hat, die es dann auch verkündet.)
Antwort: „Das ist ein Rotkehlchen.

Vorteile/Nachteile
Das „Intelligente“ an Expertensystemen liegt in der schlauen Anordnung der Wenn-dann-Regeln und der Möglichkeit, eine sehr große Menge dieser Regeln zu speichern und automatisch ausführen zu lassen. Das Gute an den regelbasierten Systemen ist, dass man den Weg, auf dem ein System zu einer Lösung kommt, sehr gut nachvollziehen kann.

 Problematisch ist es allerdings, dass viele Bereiche des menschlichen Lebens sich nicht durch einfache Wenn-dann-Regel abbilden lassen. Insbesondere im Bereich der menschlichen Wahrnehmung, z.B. beim Sehen oder in der gesprochenen Sprache, gibt es sehr viele Variationen, wie ein Gegenstand aussehen kann oder wie Wörter ausgesprochen werden können.

Wenn man im obigen Beispiel nicht klar erkennen kann, ob der Vogel rötlich-braun oder eher beige-orange ist, dann bekommt das Expertensystem Probleme, da es immer eindeutige Eingaben für seine Entscheidungen braucht.

Das Interessante ist, dass die menschliche Intelligenz eine hohe Bandbreite von Abweichungen zulässt und besonders in Situationen, in denen Unsicherheit herrscht, noch gute Entscheidung treffen kann. Expertensysteme werden hingegen dort eingesetzt, wo umfangreiches Fachwissen eindeutig strukturiert ist und aufgrund von klaren Kriterien automatische Entscheidungen getroffen werden sollen.

 Vorteile/Nachteile
Vorteile:
– Funktioniert gut in Fachbereichen mit eindeutigem Wissen und klaren Regeln. – Kann auch riesige Datenmengen schnell verarbeiten.

 Nachteile:
– Schlecht einsetzbar, wenn die Daten nicht ganz eindeutig sin.
– Es erfordert erhebliches Know-how, um die Wissensbasis und die Inferenzmaschine zu programmieren. Man braucht sowohl Fachexperten für das Wissen als auch Programmierer, die das Wissen in die Maschine programmieren.
– Lernt alleine nichts Neues hinzu.

Wirtschaftliche Komponente
Experten sind teuer und selten. Daher ist die Idee, ihr Wissen in maschinelle Systeme zu verpacken, wirtschaftlich interessant. Wenn man das Wissen von Experten dadurch billiger verfügbar machen kann oder an verschiedenen Orten (auch gleichzeitig) einsetzen kann, kann das große Vorteile haben. Zum Beispiel wenn medizinisches Fachwissen von jedem Ort der Welt aus abgerufen werden kann, auch in entfernten, unterentwickelten Regionen.

Psychologische und gesellschaftliche Auswirkungen
Würde man sich nur noch auf Expertensysteme verlassen, um die Experten einzusparen, kann das aber auch zu Problemen führen. Wenn keine Experten mehr da sind, die neue Erkenntnisse erforschen, dann würde das Expertensystem nicht mit neuem Wissen versorgt werden und immer auf dem gleichen Wissensstand stehen bleiben. Auch kann das blinde Vertrauen in automatische Entscheidungen zu einem Gefühl der Entmündigung führen, weil alles nur noch anhand starrer Regeln entschieden wird, die keinen Widerspruch dulden. Bei der Entscheidung, ob ein Vogel ein Rotkehlchen oder ein Spatz ist, mag das nicht so schlimm sein. Aber was ist, wenn ein Expertensystem entscheidet, welche/r Bewerber*in einen Job kriegt und welche/r nicht? Man darf in solchen Fällen Expertensysteme nicht ohne Überwachung entscheiden lassen, sondern braucht wieder neue Experten, die die Ergebnisse von Expertensystemen kritisch betrachten.

ÜBUNG:

Setze folgende Worte in die Lückentexte ein:

1 Expertensysteme basieren auf Wissen und Regeln
2 Die Inferenzmaschine wendet die Regeln auf die Wissensbasis an
3 Expertensysteme eigenen sich besonders für gutstrukturiertes Fachwissen
4 Expertensysteme sind nicht so gut geeignet für unstrukturiertes Wissen.

5 In Expertensystemen muss die Inferenzmaschine von Programmierern programmiert werden.

6 Expertensysteme können Fachexperten einsparen helfen

ÜBUNG:  Die folgende Grafik skizziert das Expertensystem DateDr und hilft Dir als Berater beim ersten Date. 

Der Einfachheit halber ist das Ganze als ein sogenannter „Entscheidungsbaum“ dargestellt. In den Knoten stehen jeweils Fragen, die mit Ja oder Nein beantwortet werden müssen. Abhängig davon wird die jeweils nächste Frage gestellt, bis man bei einem Ergebnis ankommt. 

Nehmen wir an, du schätzt demokratische Entscheidungen, du hast aktiv nach dem Date gefragt, möchtest aber nicht gleich nach dem ersten Treffen im Bett landen, und dein Date mag Sport, aber keinen Extremsport. Was empfiehlt der DateDr für das erste Date?

Weiterführende Informationen:

Grundwissen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Expertensystem

Hier wird diskutiert, ob Expertensyteme überhaupt zur KI dazugehören:
https://innovationsblog.dzbank.de/2017/10/18/warum-expertensysteme-nicht-als-teilgebiet-von-kuenstlicher-intelligenz-wahrgenommen-werden/

Und hier ein Video mit einer kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff Expertensystem