Projekte managen, strukturiert an einem Projekt arbeiten, das Vokabular und die Methoden des Projektmanagements beherrschen – das sind höchst relevante Kompetenzen sowohl im Studium als auch im Arbeitsleben. Deshalb bietet der CareerService im Zentrum für Karriereplanung (ZfK) ein umfangreiches Workshop-Angebot im Kompetenzbereich Projektmanagement an sowie zusätzliche Formate, in denen Studierende und Absolvent:innen das erworbene Wissen vertiefen und sich weiterqualifizieren können.

Was ist ein Projekt?

Grundsätzlich lassen sich viele Definitionen zum Wort „Projekt“ finden. Schauen wir auf das Wort selbst: Aus etymologischer Sicht bedeutet „Projectum“ so viel wie „das nach vorn Geworfene“. Was bedeutet das im „praktisch-wissenschaftlichen“ Sinn? Eine allgemeingültige Definition gibt es bislang nicht und in der Projektpraxis definieren Organisationen und Unternehmen diesen Begriff für sich höchst individuell.

Das Deutsche Institut für Normung (DIN) liefert eine Definition, nach der es sich bei einem Projekt um ein Vorhaben handelt, „das im Wesentlichen durch die Einmaligkeit
der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z. B. Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle und andere Begrenzungen; Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben; projektspezifische Organisation“
(Deutsches Institut für Normung e. V. 2009).

Soweit die theoretische Definition. Betrachtet man die Merkmale von Projekten, so wird deutlich, warum Projektmanagement dabei helfen kann, diese komplexen Vorhaben erfolgreich umzusetzen. Kuster u. a. (vgl. Kuster u. a. 2018, S. 1ff.) nennen folgende Projektmerkmale:

      • Projekte sind zielgerichtete Vorhaben
      • Sie lösen bei Beteiligten und betroffenen Personen zum Teil große Emotionen aus, wodurch hohe Anforderungen an die Kommunikation entstehen
      • Projekte sind neuartig und dadurch mit vielen unbekannten Größen konfrontiert
      • Sie sind zeitlich begrenzt, wodurch in der Regel Termindruck entsteht
      • In der Regel sind Projekte interdisziplinär zusammengesetzt, unterschiedliche
      • Fachkompetenzen und Hierarchieebenen treffen im Projekt aufeinander, das Risiko von Konflikt ist in Projekten dadurch erhöht
      • Die Projektarbeit stellt große Anforderungen an Führungs- und Managementfähigkeiten und dies häufig ohne disziplinarische Befugnisse
      • Projekte benötigen (aufgrund des Zeitdrucks) kurze und klare Entscheidungswege, die gerade in großen Organisationen häufig nicht gegeben sind
      • Projekte erzeugen einen erhöhten Ressourcenaufwand, finanziell als auch in Bezug auf Wissen und Aufmerksamkeit des Managements
      • Projekte verlangen nach einer eigenen Projektorganisation, da sie selbst eine Organisationsform innerhalb der Organisation darstellen

Aus all den genannten Punkten ergibt sich in der Projektarbeit eine erhöhte Komplexität der normalen Linienarbeit, welche die normalen Abläufe im Unternehmen regelt.

Projektmanagement-Ansätze

Projektmanagement soll dabei helfen, Projekte planvoll und strukturiert umzusetzen. Ein Blick zurück in die Geschichte wirft die Frage auf, ob es überhaupt Projektmanagement braucht. Wurden nicht auch schon Pyramiden und Kathedralen ohne einen Projektmanagementstandard erbaut?

Betrachtet man beispielsweise die Baugeschichte des Kölner Doms, wird deutlich, dass es auch hier bereits unterschiedliche Phasen sowie einen ursprünglichen Bauplan gab. Man könnte sagen, dieses Projekt war hybrid organisiert, es gab klassische Planungen, aber auch immer wieder Abschnitte, in denen agil gearbeitet wurde, indem Teile des Baus sich den städtebaulichen Veränderungen anpassten (siehe: https://bit.ly/3g2e9s5 zuletzt abgerufen am: 23.06.2020).

Projektmanagement entstand in der Struktur, wie wir es heute als klassisches Projektmanagement kennen, nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen des Kalten Krieges und dem Ansinnen von Ost und West, sowohl in der Luft- und Raumfahrt als auch in der Waffentechnik, schwierige Vorhaben mit vielen Verflechtungen und Organisationen effektiv umzusetzen. Im Rahmen dieser Programme wurden etliche Publikationen zum Thema Projektmanagement veröffentlicht und unter anderem auch die wichtigsten Fachverbände für Projektmanagement gegründet (vgl. Madauss 2017, S. 7ff.) .

 

Klassisches Projektmanagement

Klassisches Projektmanagement wird häufig auch als konventionelles oder traditionelles Projektmanagement bezeichnet. Letztlich versteht man darunter den
plangetriebenen Projektablauf. Dabei werden zu Beginn eines Projekts Ziele in Bezug auf Leistung, Zeit und Kosten definiert und Pläne erstellt, um diese Ziele zu
erreichen (vgl. Timinger 2017, S. 29ff.). Der Planungsaufwand in klassischen Projekten bei Projektstart ist deutlich höher als bei agilen Projekten. Bereits bei Projektstart wird das Vorhaben in Phasen mit eigenen Leistungsschwerpunkten eingeteilt, die mit klar definierten Meilensteinen in Form von Phasenergebnissen enden. Der Detaillierungsgrad
des Projektsnimmt von Phase zu Phase zu. Diesen in den ersten Phasen erstellten Pläne werden in der Realisierungsphase umgesetzt und mittels Steuerungsmaßnahmen
kontrolliert.

Der Vorteil dieses Vorgehens besteht darin, dass bei sorgfältigem Projektstart frühzeitig Fehler erkannt und vermieden werden können. Ein Risiko liegt darin, viel Aufwand und Ressourcen durch Planung und komplizierte Steuerungsmethoden zu erzeugen und damit nicht mehr dicht genug an den Projektinhalten zu sein, um flexibel auf Änderungen zu reagieren. Gleichwohl gibt es Vorhaben, die derartig komplex und kritisch sind, dass sie mit der rein agilen Vorgehensweise nicht erfolgreich umzusetzen sind (siehe Kapitel 2.2.3 zum hybriden Projektmanagement).

Vorgehensmodelle im klassischen Projektmanagementansatz
Da Projekte, die nach dem klassischen Ansatz durchgeführt werden, plangetrieben sind, sind Pläne erforderlich, die den Projektablauf von Start bis Ende abbilden. Diese Pläne werden Vorgehensmodelle genannt. Vorgehensmodelle dienen als Raster für eine systematische und koordinierte Vorgehensweise bei der Abwicklung des Projektes. Sie sind standardisiert, um Projektteams Orientierung zu geben und die Komplexität des Vorhabens zu reduzieren. Abhängig von der Projektart, der Branche oder der Organisation gibt es unterschiedliche standardisierte Modelle (vgl. GPM 2019, S. 1171).
 
Beim Blick auf die unterschiedlichen Vorgehensmodelle ist es wichtig, zwischenProjektphasen und Projektmanagementphasen zu unterscheiden. Im Verlauf  des Projektlebenszyklus werden die Arbeitsschritte in einzelne Projektphasen unterteilt.Sie spiegeln den individuellen, inhaltlichen Verlauf des Projekts wider – den Wertschöpfungsprozess – und beziehen sich auf die Projektinhalte. Die Projektmanagementphasenwiederum beziehen sich ausschließlich auf dasProjektmanagement und die Abfolge der Managementprozesse in diesem Bereich. Die DIN 69901 definiert fünf Projektmanagementphasen (vgl. Deutsches Institut fürNormung e. V. 2009):
      • Initialisierung,
      • Definition,
      • Planung,
      • Steuerung und
      • Abschluss

 

Timinger beschreibt die drei wichtigsten Klassen von Vorgehensmodellen (vgl. Timinger 2017, S. 38ff.). Zum einen gibt es sequenzielle Modelle, bei denen die Phasen nacheinander ablaufen und auch entsprechend abgearbeitet werden. Ein Beispiel dafür ist das Wasserfallmodell (vgl. Abb. 1).

Dieses Modell erzeugt wenig Aufwand und macht Planung und Kontrolle sehr gut nachvollziehbar. Es ermöglicht ein systematisches Vorgehen und liefert durch sorgfältige Auswertung am Ende jeder Phase eine qualitativ hochwertige Dokumentation. Durch die wenig flexible Abfolge der Phasen ist eine Parallelisierung von Arbeiten nicht möglich, sodass dieses Modell bei Änderungen ineffizient ist.

Bei nebenläufigen Vorgehensmodellen wird eine Überlappung von Phasen genutzt, um Arbeiten parallel laufen zu lassen und das Projekt so zu beschleunigen. Das Simultaneous Engineering ist ein Beispiel für ein solches Vorgehensmodell (siehe Abb. 2). Seine Stärken liegen klar im Zeitgewinn durch parallele Abläufe und dem  frühzeitigen Erkennen von Risiken. Eine Schwäche dieses Modells ist sein Mehraufwand. Bei wiederholenden Vorgehensmodellen wird das Projektergebnis schrittweise erarbeitet. Erfahrungen am Ende einer jeden Phase werden für die nächste genutzt.

Der Vorteil solcher Modelle liegt im strukturierten Umgang mit instabilen Anforderungen und in der schrittweisen Konkretisierung des Projektgegenstandes (siehe Abb. 3). Genau diese Vorteile bergen allerdings auch ein erhebliches Risiko, denn das schrittweise Vorgehen lädt Auftraggebende mitunter zu vermehrten Änderungswünschen ein, wodurch sich der Projektabschluss verzögern kann. Dieses Modell ähnelt stark der agilen Vorgehensweise. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass auch beim Spiralmodell (wie bei allen klassischen Vorgehensmodellen) bereits zu Beginn des Projekts bis zum Ende durchgeplant wird.

Spiralmodell (eigene Darstellung in Anlehnung an Kuster u.a. 2018, S. 27)

Agiles Projektmanagement

Das jeweilige Vorgehen im Projektmanagement bezieht sich auf die Phasenmodelle, die im Projektlebenszyklus durchlaufen werden – von der ersten Projektidee bis zum Projektabschluss (vgl. Kusay-Merkle 2018, S. 18). Auch beim agilen Projektmanagement werden Phasen durchlaufen, bis das Projektergebnis erreicht ist. Anders als im klassischen Projektmanagement steht die Anzahl der Phasen zu Beginn des Projekts allerdings noch nicht fest. Das Vorgehen ist iterativ und inkrementell, was bedeutet, dass in sich wiederholenden Schleifen, sogenannten Sprints, gearbeitet wird und nach jeder dieser Schleifen ein Ergebnis vorliegt, das immer weiter an Detaillierungsgrad und Größe zunimmt. Standardisierte Vorgehensmodelle, wie für das klassische Projektmanagement im vorangegangenen Kapitel beschrieben, gibt es im agilen Ansatz daher nicht.

Merkmale agiler Projekte sind dynamische Anforderungen, die sich häufig ändern. Dadurch gibt es fortlaufende Anpassungen, an deren Ende dem:der Kund:in Inkremente geliefert werden, um Feedback einzuholen und den Nutzen der Kundschaft im Produkt zu verarbeiten. In agilen Projekten erfolgt eine kontinuierliche und fortlaufende Einbindung wichtiger Stakeholder.

Kusay-Merkle empfiehlt das agile Vorgehensmodell, wenn Anforderungen bei Projektbeginn noch nicht klar sind, inhaltlich oder technisch Neuland betreten wird, es sich um sehr komplexe Fragestellungen handelt, Erfahrungslernen eine große Bedeutung hat, eine Kultur der Änderungs- und Anpassungsbereitschaft besteht und im Projektverlauf zwischenzeitliche Lieferungen gewünscht sind (vgl. Kusay-Merkle 2018, S. 22).

Streng genommen sind agile Vorgehensweisen keine Projektmanagementmethoden. Vielmehr bedient sich das agile Projektmanagement vieler Kreativitäts- und Moderationstechniken sowie Methoden und Techniken aus der Gruppendynamik und der Erwachsenenbildung. Wichtiger als die Methoden ist beim agilen Vorgehen vor allem das Mindset. Es basiert auf den agilen Werten und Prinzipien (siehe https://bit.ly/2Yyq4Ih zuletzt abgerufen am: 23.06.2020).

 

Agile Werte (eigene Darstellung)

Agiles Arbeiten ist insofern eher eine Haltung als eine Methodik. Agiles Arbeiten stellt gewisse Anforderungen an die Unternehmenskultur. Bei einer Befragung der Autorin von Expert:innen aus verschiedenen Unternehmen wurden vor allem Werte wie Vertrauen, Offenheit, eine gute Fehlerkultur, Transparenz, Flexibilität, Spielräume, Beweglichkeit sowie Führung, verstanden als Dienstleistung, als wichtig genannt. Diese genannten Werte decken sich mit den agilen Werten (siehe Abb. 4).

Hybrider Ansatz

Der hybride Projektmanagementansatz vereint die Vorteile der beiden oben beschriebenen Ansätze. Er nutzt das Beste aus beiden Welten und sorgt für Flexibilität in der Entwicklung eines individuellen Projektmanagementansatzes, der sowohl zum Projekt als auch im Unternehmen passt. In der Praxis erfolgt die Projektplanung dabei häufig auf der Basis eines klassischen Vorgehens, wohingegen Bearbeitung und Leadership sich am agilen Mindset orientieren und sich agiler Methoden bedienen. So könnte beispielsweise ein Projekt das Wasserfallmodell nutzen und traditionell organisiert sein. Aber wenn das Team dann regelmäßig Retrospektiven anwendet und in der  Durchführungsphase mithilfe von Kanban strukturiert, spricht man von einem hybriden Gesamtprojekt.
Timinger empfiehlt, Standards und Vorgehensmodelle nicht unreflektiert zu übernehmen, sondern den Mut zu haben, ein passendes Vorgehensmodell auszuwählen (vgl. Timinger 2017, S. 434). Dafür sollten verschiedene Kriterien wie Komplexität, Teamgröße, Stabilität der Anforderung oder auch der Qualifikationsgrad der Teammitglieder berücksichtigt werden.
 
Mithilfe der Stacey Matrix, welche nach dem britischen Organisationstheoretiker Ralph Douglas Stacey benannt wurde (vgl. GPM 2019, S. 1017) und einer Aufstellung
der Kriterien kann eine solche Auswahl vorgenommen werden. In der Stacey Matrix verortet man das anstehende Projekt gemäß klarer Anforderungen und sicherer
Lösungsansätze (siehe Abb. 5). Die Kriterienaufstellung gibt ergänzend dazu Aufschluss darüber, bei welchen Rahmenbedingungen welcher Projektmanagementansatz empfehlenswert ist (siehe Tab. 1).
Stacey Matrix (eigene Darstellung in Anlehnung an Kuster u. a. 2018, S. 7)
 

Klassisch

Agil

Hybrid

Ausprägung des
Projektes

Standardprojekt

Potenzialprojekt oder Pionierprojekt

Pionierprojekt, Akzeptanzprojekt
oder Potentialprojekt

Komplexität der
Aufgabenstellung

Einfach oder kompliziert

Komplex oder chaotisch

Kompliziert oder komplex

Stabilität der
Anforderungen

Stabil

Volatil

Volatil

Qualifikationen
Teammitglieder

Unerfahren in agilen Vorgehensweisen

Erfahren in agilen Vorgehensweisen

Erfahren in agilen
Vorgehensweisen

Teamgröße

Kleine und große Teams

Idealerweise weniger als neun Personen.
Mehrere vernetzte Teams möglich

Große Teams

Räumliche Verteilung

Lokal oder verteilt über
mehrere Standorte

Lokal in einem Raum oder am selben
Standort

Verteilt über mehrere Standorte

Kriterien Vorgehensmodelle (eigene Darstellung in Anlehnung an Kuster u. a. 2018, S. 37)