ERKENNEN: Diskriminierung von LSBTI*Q in Deutschland

Bevor wir uns mit Konzepten und Theorien beschäftigen, die Diskriminierung und Benachteiligung von Lesben, Schwulen, trans*, inter* und queeren Menschen erklären, wollen wir uns die aktuelle Situation von LSBTI*Q in Deutschland genauer anschauen.

Diskriminierung von LSBTI*Q in Deutschland

Das folgende Erklärvideo der Bundeszentrale für politische Bildung gibt einen ersten Einblick in die Situation von Lesben, Schwulen, trans* und inter* Personen in Deutschland.

Alltagsdiskriminierung

In Deutschland sind viele Menschen gegenüber LSBTI*Q-Personen negativ eingestellt (Antidiskriminierungsstelle, 2015). Im Alltag wird z.B. schwul als Abwertung und Schimpfwort benutzt (Video Queerblick). Es ist vor diesem Hintergrund nicht überraschend, dass LSBTI*Q-Personen berichten im Alltag häufig aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität diskriminiert zu werden (Antidiskriminierungsstelle, 2015).

Gerade LSBTI*Q-Jugendliche und junge Erwachsene sind besonders belastet (Sielert & Timmermanns, 2011; Krell, 2013).  Zu den Herausforderungen wie Ausbildungs- und Studienplatzsuche und Schulnoten kommt noch die Auseinandersetzung mit dem eigenen sexuellen Begehren und/oder der Geschlechtsidentität, die nicht dem entspricht was gesellschaftlich als „normal“ wahrgenommen wird.

Es wird deutlich, dass altersspezifische Themen und Anforderungen, die sich in der Adoleszenz im Alter zwischen 11 und 21 Jahren in unterschiedlichen Bereichen ergeben können, durch die Auseinandersetzung mit einer als nicht konform erlebten Entwicklung der sexuellen Orientierung oder Geschlechsidentität, in den Hintergrund gedrängt werden.​

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes führte 2015 eine Studie (Out im Office 2017) zu Diskriminierungserfahrungen in Deutschland durch. Darin zeigt sich, dass homo- und bisexuelle Menschen besonders in der Öffentlichkeit und am Arbeitsplatz Diskriminierung erfahren (s. Grafik unten). Die Studie ergab, dass Lesben, Schwule und Bisexuelle am Arbeitsplatz diesen drei  Diskriminierungsformen am häufigsten ausgesetzt sind:

  • Voyeuristisch-gesteigerte Auseinandersetzung (64,1 Prozent): z.B. Lächerlichmachen von Gesten oder Stimme, Tuscheln, Gerüchte, unangenehmes Interesse am Privatleben
  • Ignorierende Segregation (43,3 Prozent): z.B. Kontaktabbruch, nicht mehr ernstnehmen, ignorieren
  • Sexuelle Belästigung (39 Prozent): Unangenehme sexuelle Anspielungen, Überschreiten persönlicher Grenzen durch intime Fragen

Die folgende Abbilung fasst die Ergebnisse der Studie zu Diskriminierungserfahrungen aufgrund der sexuellen Orientierung nach Lebensbereichen zusammen.

Diskriminierung im Job

Ein knappes Drittel der schwulen und lesbischen Beschäftigten spricht mit ihren Kolleg*innen über die sexuelle Orientierung (Out im Office 2017). Etwa genauso viele dieser Beschäftigten sprechen kaum oder nicht ihre sexuelle Orientierung, wobei Beschäftigte noch weniger häufig mit ihren Vorgesetzten darüber sprechen (40 Prozent). Im Vergleich zum Jahr 2007 hat sich der Anteil der offen homosexuellen lebenden Beschäftigten jedoch signifikant erhöht. Bisexuelle Beschäftigte sprechen weniger häufig als homosexuelle Beschäftigte mit Kolleg*innen oder Führungskräften über ihre sexuelle Orientierung.

Etwa sieben von zehn trans* Beschäftigten sprechen kaum oder nicht mit Kolleg*innen und Führungskräften über ihre Geschlechtsidentität. Bei trans* Führungskräften ist die Zahl mit 88 Prozent noch weitaus höher (Out im Office 2017).

Etwa jede dritte trans* Person fühlte sich wegen ihrer sexuellen Identität bereits bei der Arbeitssuche diskriminiert (Europäische Union). Aufgrund des erschwerten Zugangs zum Arbeitsmarkt sind Trans-Personen einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt.

Am Arbeitsplatz wird trans* Personen häufig der Zugang zu Toiletten ihrer Wahl verwehrt (26,7 Prozent). Außerdem berichtet jede fünfte trans* Person, dass Namensschilder und Signaturen nicht angepasst (19,5 Prozent) oder Dokumente nicht nachträglich auf den gewünschten Namen geändert (21,6 Prozent) wurden. Generell fühlen sich 40 Prozent der trans* Personen aufgrund ihrer Geschlechtsidentität diskriminiert (Out im Office 2017).

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LSBTI*Q und Mehrfachdiskriminierung

Oft wird übersehen, dass Rassismus, Klassismus, Antisemitismus oder Ableismus auch LSBTI*Q betreffen. LSBTI*Q können aufgrund von Mehrfachzugehörigkeiten von mehreren strukturellen Diskriminierungsformen betroffen sein (z.B. als Schwarze Lesbe, jüdische inter* Person oder trans* Person im Rollstuhl). Das wird Mehrfachdiskriminierung genannt.  

LesMigras, der Antidiskriminierungs- und Antigewaltbereich der Lesbenberatung Berlin e.V., hat in einer Studie zu Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen von lesbischen und bisexuellen Frauen und trans* Personen (2010-2012) nach diesen mehrdimensionalen Diskriminierungen gefragt.  Die Ergebnisse zeigen, dass mehrfach Diskriminierte spezifische Formen von Diskriminierung erleben.

Wenn eine „Mehrfachdiskriminierung“ angenommen wird, verschieben sich insbesondere die „Orte“ der Diskriminierung. Für People of Color, die nicht-normativ leben und lieben, kann der öffentliche Raum durchaus als ein Gefahrenraum wahrgenommen werden. Insbesondere in der Fokusgruppendiskussion wurde sichtbar, (…) dass gewalttätige physische
Übergriffe auch am helllichten Tage immer wieder vorkommen.

Diskriminierung im europäischen Vergleich

Innerhalb Europas gibt es große Unterschiede im Hinblick auf die rechtliche Situation von LSBTI*Q-Personen, wie ILGA Europe (European Region of the International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association) jährlich in ihrem Rainbow Europe Index dokumentiert. Die ILGA hat auf ihrer Webseite eine interaktive Version der Europe Rainbow Map. Klicke auf der interaktiven Karte auf Deutschland um herauszufinden, wie Deutschland im Hinblick auf die rechtliche Situation von LSBTIQ eingeschätzt wird und warum.

Reflexionsaufgabe zur Diskriminierung von LSBTI*Q

Im folgenden Dokument kannst du eine Reflexionsübung zum Umgang mit Diskriminierung machen. Trage deine Gedanken und Antworten in dieses Dokument ein.