Sofern ein „begründetes öffentliches Interesse“ besteht, dürfen Redaktionen die Zugehörigkeiten von Tatverdächtigen und Täter:innen offenlegen. Schwere oder außergewöhnliche Straftaten (wie z.B. Terrorismus) oder Straftaten ausgehend von einer größeren Gruppe (z.B. Kölner Silversternacht 2015/ 2016) zählen beispielsweise zu den Ausnahmen vom o.g. Kodex (Praxis-Leitsätze zu Richtlinie 12.1 des Pressekodex). Gleichzeitig wird davor gewarnt, durch die Nennung von Gruppenzugehörigkeiten in Überschriften oder stereotypen Bezeichnungen abwertende Darstellungen und Vorurteile zu verfestigen.
Kritiker:innen des aktuellen Pressekodex betonen, dass die Formulierung „begründetes öffentliches Interesse“ zu schwammig sei und damit vorurteilsbehafteter Berichterstattung keine wirklichen Grenzen gesetzt würden.
Eine Studie von Ricarda Drüeke im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung zur
Berichterstattung über die Ereignisse in der Silvesternacht 2015/16 in
Köln zeigt, wie wirkmächtig Medien sein können. „Medien haben
einen entscheidenden Einfluss darauf, welche Themen Alltagsgespräche
beherrschen und innerhalb welcher Rahmungen diese Themen verhandelt
werden, also wie darüber gesprochen wird“ (Drüeke, S. 6). Die ganze Studie findest du hier.
Medienschaffende Person können mit ihrer Arbeit dazu beitragen, über Diskriminierung und Ausgrenzung aufzuklären, Benachteiligungen entgegenzuwirken und Vorurteile abzubauen. Die Gestaltung der Medien kann jedoch auch das Gegenteil bewirken. Es liegt deshalb in der Verantwortung jeder medienschaffenden Person, sich über die Formen und Auswirkungen von Diskriminierungen weiterzubilden. Sich zu fragen: „Wen stelle ich wie da – und warum?“ kann helfen, vorurteilsbehaftete Denkmuster und Bilder in der eigenen Arbeit zu erkennen und abzubauen.