Das theoretische Konzept „Tokenism“ hat die US-amerikanische Soziologin Rosabeth Moss Kanter entwickelt. Sie untersuchte Unternehmen, in denen Frauen in der Minderheit waren und stellte fest: Von den Frauen wurde erwartet, dass sie sich entsprechend bestimmter Vorstellungen davon, wie Frauen zu sein haben, verhalten sollten. Manchmal wurden sie auch sozial ausgeschlossen oder die männlichen Beschäftigten überbetonten ihre Unterschiede zu den weiblichen Beschäftigten. Insgesamt waren sie „über“sichtbar und standen unter enormem Leistungsdruck.
Das Konzept Tokenism bezieht sich nicht nur auf die Kategorie Geschlecht. Gayatri Chakravorty Spivak hat Tokenism aus ihrer Perspektive als Wissenschaftlerin of Color analysiert. Sie stellte dabei fest, dass dominante Gruppen nur einige wenige Marginalisierte im Zentrum zulassen. Diese würden nur dann akzeptiert, wenn sie die Ideologie der dominanten Gruppe bestätigen – also dieselbe Meinung vertreten, wie diese, sich auf dieselbe Art kleiden oder sprechen.
Ein Beispiel: In deutschen Talkshows wird häufiger über „den Islam“ debattiert. Dabei werden oft Muslim:innen eingeladen, die beispielsweise den Hijab mit Frauenunterdrückung gleichsetzen. Durch das Einladen einer muslimischen Person wird einerseits Repräsentation gefördert. Andererseits wird durch das Verengen auf eine Perspektive die Vielfalt der Positionen zu diesem Thema beschränkt. Selbstbewusste Muslimas, die mit Hijab Karriere machen, werden nicht repräsentiert. Oft spielt es auch keine Rolle, ob die eingeladene Expert:in eigentlich theologische Kenntnisse hat oder nicht.
Da Tokens oft als Repräsentant:innen einer ganzen Gruppe wahrgenommen werden, entsteht bei den Zuschauer:innen der Eindruck, alle Muslim:innen dächten so. „Tokens haben oft nicht die Möglichkeit, für sich selbst zu sprechen, sondern machen immer wieder die Erfahrung, auf „ihre“ (Identitäts-)Kategorie reduziert zu werden.“ (Nach: Azadê Peşmen, Missy Magazin, 2017)