Sexismus

Bild und Ton

Beeinflussen Filme und Serien
Geschlechterverhältnisse?

Dana Scully by mediodescocido on Flickr

CC-BY 2.0. Lizenz: https://www.flickr.com/photos/

mediodescocido/21937363428 

Das Projekt Werbemelder:in zeigt: Der Konsum von Medien ist nicht neutral, sondern beeinflusst, wie wir Geschlecht leben und denken. Dies belegt unter anderem der sogenannte Scully-Effekt.

Dr. Dana Scully – dieser Name steht seit den 1990er Jahren für eine Medizindoktorin, die zur paranormalen Detektivin wurde. Kritisch, selbstbewusst und intellektuell brillant wurde die Schauspielerin Gillian Anderson in der Fernsehserie ‚The X-Files damit zum Vorbild für unzählige Frauen und Mädchen.

Die Figur der Fernsehdetektivin Scully war bis dahin einzigartig und bildete einen Gegenentwurf zum klassischen Bild des männlichen Wissenschaftlers und smarten Detektivs. Dass Scully reale Effekte für Frauen und Mädchen hat, belegt eine Studie des „Geena Davis Institute on Gender in Media“:

63%

der befragten Frauen, die im MINT-Bereich arbeiten, sagen, dass Dana Scully ihnen als Vorbild diente.

63%

der Frauen, die mit Scullys Charakter vertraut sind, sagen, dass Scully ihr Vertrauen, sich in einem von Männern dominierten Beruf durchsetzen zu können, gestärkt hat.

50%

der befragten Frauen sagen, dass Scully ihr Interesse an Mathematik, Technik und Informatik erhöht hat.

Wo sehen wir Sexismus
in den Medien?

Sexistische Werbung und
Sexismus im Fernsehen

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CC-Lizenz: BY-ND

Lizenz: CC BY-ND Namensnennung, keine Bearbeitung; Video von: Team Diversify! für Diversify! Webseite für diversitätsbewusste Mediengestaltung

Videoaufnahme: Juli 2018

„Die Werbemelder:in ist eine App, die man sich runterladen kann. So können sich Medienschaffende informieren: Was eigentlich sexistisch ist, wo wir ein Sexismusproblem haben, wo es eigentlich am meisten sexistische Werbung gibt und wie es eigentlich in Deutschland aussieht“ sagt Stevie Meriel Schmiedel.

Stevie Meriel Schmiedel ist Kreativdirektorin bei Pinkstinks. In diesem Interview spricht sie über die App Werbemelder:in und die Auszeichung Pinker Pudel. Sie betont den weiten Weg, den Deutschland in Sachen progressiver Werbung und Fernsehformate noch gehen muss.

Shownotes

Pinker Pudel

Germany’s next Topmodel

Voice of Germany

Samu Haber

Glass Lion

Cannes Lion

Werbemelder:in

Die Werbemelder:in ist eine App und wurde 2017 von Pinkstinks initiiert . Hier kannst du Werbung hochladen. Diese Werbung wird dann anhand eines Kategoriesierungssystems bewertet. Es wird kategorisiert: Ist diese Werbung sexistisch, stereotyp oder nicht sexistisch? Anhand von Beispielen werden hier die Kategorien erklärt. Die Werbung wird danach auf einer Deutschlandkarte verortet. Mit diesen Einordnungen gibt es eine Grundlage Sexismus in der Werbung zu erkennen, zu benennen und zu bekämpfen. Klicke auf das Link-Icon, um auf die Website zu kommen und mache dir selbst ein Bild von Sexismus in der Werbung.

Wie beeinflussen Medien
Geschlechterverhältnisse?

Mediale Repräsentation von Geschlecht bezieht sich im wesentlichen auf zwei Aspekte: die Häufigkeit der Repräsentation und die Art der Repräsentation. Frauen sowie LSBTIQ*-Personen sind einerseits häufig unterrepräsentiert oder kommen z.B. in Filmen nur als Nebencharaktere vor. Wenn sie vorkommen, werden ihnen aufgrund von Geschlechterstereotypen limitierte Rollen zugeschrieben und begrenzte Handlungsfähigkeiten zugestanden. Besonders Menschen jenseits der Geschlechterbinarität, also z.B. intersexuelle, transidente, queere oder genderfluide Personen, sind in den Mainstreammedien weder in fiktionalen Formaten noch in der Berichterstattung in nennenswerter Anzahl repräsentiert.

Teste einen Film!

Der Bechdel-Test erfasst, wie häufig und auf welche Art und Weise Frauen in Filmen dargestellt werden. Teste einen Film!

Die Organisation GLAAD veröffentlicht jährlich den „Studio Responsibility Index“. Dieser dokumentiert, wie häufig und auf welche Art und Weise lesbische, schwule, bisexuelle, inter- und transgeschlechtliche, oder queere Menschen (LSBTIQ*) in Filmen der sieben größten Filmstudios dargestellt werden. Grundlage für den „Studio Responsibility Index“ ist der Vito Russo Test“, den GLAAD in Anlehnung an den prominenten Bechdel Test entwickelte.

Teste einen Film!

Der Vito-Russo-Test erfasst, wie häufig und auf welche Art und Weise lesbische, schwule, bisexuelle, inter- und transgeschlechtliche oder queere Menschen (LGBTQI:) in Filmen dargestellt werden. Teste einen Film!

Sichtbarkeit

Wer erklärt uns die Pandemie?
Virolog:innen in den Medien

Drosten, Streek, Kekulé: Auch die Corona-Pandemie hat einmal mehr gezeigt, wie ungleich die Repräsentation von Männern und Frauen in den Medien ist. Dies geht unter anderem aus der Studie Geschlechterverteilung in der Corona-Berichterstattung der MaLisa Stiftung hervor.  Vor allem Wissenschaftler wurden als Experten in Talkshows eingeladen und interviewt. Wissenschaftlerinnen blieben zu Beginn weitgehend unsichtbar. Als dann der Spiegel endlich eine prominente Virologin, Prof. Sandra Ciesek, zum Thema Corona-Pandemie interviewte, stiegen die beiden Journalistinnen mit folgender Frage ein:


„Frau Professor Ciesek, seit September sind Sie alle zwei Wochen im Wechsel mit Christian Drosten im NDR-Corona-Podcast ‚Coronavirus Update‘ zu hören. Ihnen ist klar, dass Sie die Quotenfrau sind?“


Die Virologin musste sich zunächst also mit Geschlechterklischees beschäftigen bevor sie inhaltlich zu Wort kommen durfte. Gleichzeitig wurde ihr subtil nicht ausreichende Wissenschaftlichkeit bescheinigt mit Fragen wie:


„Ihre ersten Podcast-Folgen klangen ein wenig nach Volkshochschule. Wollen Sie es in Zukunft spannender machen?“


Um der ungleichen Sichtbarkeit weiblicher und männlicher Corona-Expert:innen etwas entgegenzusetzen, hat der Verein Pro Quote eine Liste mit Corona-Expertinnen veröffentlicht – nicht zuletzt, um dem weit verbreiteten Argument, dass es nicht genug qualifizierte Frauen gäbe, entgegenzuwirken.

Eine weiße blonde Frau, die am Dj-Pult steht und Musik spielt und tanzt.
Photo by Hardini Lestari on Unsplash

Wer betritt die Bühne?
Wen hören wir?
Geschlechterparität in der Musikindustrie

Sichtbarkeit schafft auch das Projekt 365Female MCs. Ende 2018 startete Musikpromoterin, Journalistin und DJ Mona Lina aka Lina Burghausen eine für ein Jahr angelegte Blogreihe. Diese sollte zeigen, dass Frauen* im HipHop keine Randnotiz sind. 365 Rapperinnen* wurden über ein Jahr lang vorgestellt – jeden Tag eine*. Damit wurde das gängiges Narrativ: „Rapper:innen? Klar, fände ich  cool, aber gibt es ja kaum“ entkräftigt. Heute enthält die Datenbank ca. 1.500 Rapper*innen aus aller Welt.

 

 

Frauen*, Transidente, Intersexuelle und non-binäre Menschen sind auch in der Musikindustrie stark unterrepräsentiert. Sie werden seltener auf Bühnen und Konferenzen eingeladen, als ihre männlichen Kollegen, verdienen weniger und besetzen meist keine leitenden Positionen. Keychange ist eine internationale Initiative, die sich für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Musikindustrie einsetzt. COSMO Radio ist der erste öffentlich-rechtliche Radiosender in Deutschland, der die
Ziele von Keychange unterstützt und eine Geschlechterparität in der
Musik und Musikberichterstattung bis 2022 anstrebt. 

Figuren entwickeln,
Geschlechterrollen reflektieren

Wir wollten, dass unsere Figuren mehr sein dürfen, als Menschen mit Migrationserfahrung – sondern auch Töchter und Söhne, Liebende und Tänzer*innen. Dafür muss sich der Blick verschieben, mit dem auf diese Figuren geschaut wird.

Hier ein Interview mit Faraz Shariat, Regisseur von Futur Drei

In Filmen entsprechen die Figuren oft den Stereotypen von Geschlecht. Bestimmte Attribute, die Frauen oder Männern zugeschrieben werden, werden innerhalb der Filmbranche zur Charakterisierung von Figuren genutzt. Dabei überschneidet sich beispielsweise Rassismus und Sexismus, wenn zum hundersten Mal die Geschichte der unmündigen Muslima oder des aufstrebenden Geflüchteten erzählt wird. Neben platten Stereotypen (z.B. Frauen können nicht einparken), werden auch sehr subtil klischeehaften Vorstellungen von Geschlecht verfestigt. Ein genauerer Blick auf einige Beispiele lohnt sich hier …

In „Das fünfte Element“ oder „Ex Machina“ finden wir eine weibliche Hauptfigur, die zunächst stark und empowert wirkt. So verfügt Leeloo (gespielt von Milla Jovovich) in das fünfte Element über übernatürliche Kräfte. Gleichzeitig verfügt sie über kein Wissen über das menschliche Leben und wirkt oft sehr naiv. So ist sie sich ihrer sexuellen Anziehungskraft, die sie auf die männlichen Hauptfigur (gespielt von Bruce Willis) ausübt, nicht bewusst. Die Rolle der männlichen Hauptfigur besteht darin, die naive, gutaussehende weibliche Hauptfigur „aufzuklären“ (u.a. ihr beizubringen, was es ist sich zu küssen).

Entgegen der ersten Empowerment-Vermutung handelt es sich um eine weibliche Hauptfigur, die kaum mit Geschlechterstereotypen bricht, da sie vor allem den sexualisierten Blick eines heterosexuellen Mannes auf Frauen bedient. Obwohl eine weibliche Hauptfigur im Film vorkommt, existiert sie vor allem in Relation zum Mann – eine klassische patriarchale Logik.

Eine tiefgehende Analyse der Figur „Born Sexy Yesterday“ bietet das Video des Youtube-Kanals Pop Culture Detective.

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Der Nerd ist durch Serien wie „Big Bang Theory“ eine vertraute Figur in Film und Fernsehen. Nerds entsprechen oft nicht normhaften Vorstellungen von Männlichkeit. So sind sie wenig körperlich durchtrainiert und eher unsicher im sozialen Umgang – besonders mit Frauen. Gleichzeitig transportiert die Figur des Nerds häufig eine sexistische, frauenfeindliche Komponent – obwohl sie eigentlich das Potenzial birgt Männlichkeit anders darzustellen als stark, durchsetzungsfähig, unemotional, rational und hart. So verhalten sich Nerds in Serien in ihrer vermeintlichen Unbeholfenheit körperlich und verbal übergriffig gegenüber Frauen und uns wird dies als witzig präsentiert. Der Effekt: Stalking, Grapschen und sexistische Witze werden verharmlost. Mehr dazu kannst du diesem Video von Pop Culture Detective erfahren.

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Auch männlichen Figuren werden stereotype Geschlechterrollen auf den Leib geschrieben. Dies reicht von Figuren in Kinderfilmen bis hin zu RomComs

Wenn du mehr über Männlichkeit im Film erfahren möchtest, dann schau dir den Ted Talk „Was Filme über Männlichkeit lehren“ von Colin Stokes an.

Wie werden Ungleichheiten in
Bildern (re)produziert?

Blickachse, Schärfe, Kontraste oder Bildanordnung – es gibt viele Möglichkeiten Geschlechterstereotype und Geschlechterhierarchien in bewegten und unbewegten Bildern zu verstärken oder zu durchbrechen. So kann es wichtig sein auf Fotos in technischen Berufen Frauen beim Schweißen oder Löten abzubilden, um Mädchen zu ermutigen technische Berufe zu ergreifen.

Um die Wirkung von Bildern auf Geschlechterverhältnisse genauer zu analysieren, lies dir am besten diese Broschüre zu diversitätssensibler Mediensprache durch und betrachte anschließend das unten stehende Bild. Unsere Analyse findest du, wenn du den Schieberegler im Bild nach links schiebst.

Blick in die Zukunft -
Es wäre schön, wenn...

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CC-Lizenz: BY-ND

Lizenz: CC BY-ND Namensnennung, keine Bearbeitung; Video von: Team Diversify! für Diversify! Webseite für diversitätsbewusste Mediengestaltung

Videoaufnahme: Juli 2018

 

„Jedes Panel, jede Talkshow müsste natürlich paritätisch besetzt sein. Jede Diskussion, sei es von Wirtschaft bis Frauenmagazine, darf ruhig geschlechtergemischt sein“, wünscht sich Stevie Meriel Schmiedel.

Stevie Meriel Schmiedel ist Kreativdirektorin bei Pinkstinks. In diesem Interview spricht sie über Wünsche, die sie an Fernsehproduzierenden und  Medienproduzierenden richten würde.

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Hier gibt es alle Tipps in komprimierter Form.