Fall: Keine Genehmigung für Spiegel TV-Exklusivbilder

Der Fall

Die Antragstellerin ist Produzentin des einmal wöchentlich im Privatfernsehen ausgestrahlten Magazins Spiegel TV Reportage. Der Antragsgegner produziert das in der ARD ausgestrahlte Fernsehmagazin Panorama. Panorama wollte einen achtsekündigen Filmbeitrag aus einem Bericht von Spiegel TV für eine eigene Sendung zum G20-Gipfel in Hamburg verwenden und bat die Antragstellerin für die Sequenz um entsprechende Nutzungsrechte. Diese wurden unter Berufung auf die eigene geplante Nutzung des Beitrags verwehrt. Panorama strahlte das Material – unter Nennung der Quelle – gleichwohl aus. Hiergegen klagte die Antragstellerin.

Die Entscheidung des Gerichts

Das LG Hamburg sah in der ungenehmigten Ausstrahlung des fremden Filmbeitrags eine Verletzung des Vervielfältigungsrechts, des Rechts auf öffentliche Zugänglichmachung sowie des Senderechts der Antragstellerin. Die Filmaufnahmen seien als Laufbilder urheberrechtlich geschützt. Eine urheberrechtliche Schrankenregelung, die zur Nutzung berechtigen könnte, habe nicht vorgelegen. Insbesondere habe sich das Fernsehmagazin nicht auf eine Zitierbefugnis berufen können. Zwar habe ein Zitatzweck vorgelegen, denn mit den fremden Inhalten nebst kommentierenden Anmerkungen sei die eigene Berichterstattung unterstützt worden. Weitere Voraussetzung für ein zulässiges Zitat sei jedoch, dass das Zitat „durch einen besonderen Zweck gerechtfertigt“ sei. Die Übernahme müsse nicht nur als Belegstelle dienen oder eine Erörterungsfunktion haben („zum Zwecke des Zitats“), sondern auch unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien und der besonderen Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt sein. Die Abwägung habe ergeben, dass aufgrund der Exklusivität der Bilder und weil Spiegel TV den Hintergrund der konkret gezeigten Ereignisse selber weiter recherchieren wollte, eine Übernahme durch das Zitierbefugnis nicht gedeckt gewesen sei. Die Interessen von Spiegel TV seien im vorliegenden Fall höher zu bewerten als die Interesse der Antragsgegnerin, der es frei gestanden habe, selber Kameraleute vor Ort im Schanzenviertel einzusetzen. Die Verwendung der Ausschnitte sei laut LG Hamburg auch nicht über die urheberrechtliche Schrankenregelung zur Berichterstattung über Tagesereignisse gerechtfertigt gewesen. Beim übernommenen Bildmaterial habe es sich nicht um eine urheberrechtlich geschützte Leistung, die im Verlaufe eines Tagesereignisses, über das berichtet worden ist, wahrnehmbar geworden sei, gehandelt.

Relevanz für OER

In Open Educational Resources kommt häufig auch Fremdmaterial zum Einsatz. Nicht immer sind Rechteinhaber*innen bereit, hierfür eine Nutzungserlaubnis zu erteilen, zumal, wenn ein Material unter CC-Lizenz zur freien Weiternutzung bereit gestellt werden soll. Die Entscheidung zeigt auf, dass die Zitierbefugnis stets von den Umständen des konkreten Einzelfalles abhängt und immer eine sorgfältige Abwägung der Interessen beider Parteien erforderlich ist. Zwar kann, unter besonderen Umständen, wenn fehlende Nutzungsgenehmigung über die Schrankenregelung zum Zitat „umschifft“ werden. Hierfür bestehen jedoch ganz konkrete Anforderungen, die erfüllt sein müssen, damit ein zulässiges Zitat im rechtlichen Sinne vorliegt.


Quelle: LG Hamburg, Urteil v. 07.09.2017 – Az.: 308 O 287/17